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Der Hauptvorzug, den die Herrschaft der sozialistischen Gesellschaftsordnung mit sich brächte, liegt ohne Zweifel darin, dass der Sozialismus uns befreien würde von dem gemeinen Zwang, für andere zu leben, der in der gegenwärtigen Lage auf fast allen so schwer lastet. In der Tat gibt es kaum jemanden, der ihm zu entgehen vermag. |
THE chief advantage that would result from the establishment of Socialism is, undoubtedly, the fact that Socialism would relieve us from that sordid necessity of living for others which, in the present condition of things, presses so hardly upon almost everybody. In fact, scarcely any one at all escapes. |
Dann und wann im Verlaufe des Jahrhunderts hat ein großer Wissenschaftler wie Darwin, ein großer Dichter wie Keats, ein feiner kritischer Geist wie Renan, ein überlegener Künstler wie Flaubert es fertiggebracht, sich zu isolieren, sich dem lärmenden Zugriff der anderen zu entziehen, sich "unter den Schutz der Mauer zu stellen", wie Plato es nennt, und auf diese Weise seine natürliche Begabung zu vervollkommnen, zu seinem eigenen unvergleichlichen Gewinn und zu dem unvergleichlichen, dauernden Gewinn der ganzen Welt. Dies sind jedoch Ausnahmen. |
Now and then, in the course of the century, a great man of science, like Darwin; a great poet, like Keats; a fine critical spirit like M. Renan; a supreme artist like Flaubert, has been able to isolate himself, to keep himself out of reach of the clamorous claims of others, to stand, 'under the shelter of the wall,' as Plato puts it, and so to realise the perfection of what was in him, to his own incomparable gain, and to the incomparable and lasting gain of the whole world. These, however, are exceptions. |
Die meisten Menschen vergeuden ihr Leben durch einen ungesunden und übertriebenen Altruismus, ja, sind sogar genötigt, es zu vergeuden. Sie finden sich umgeben von scheußlicher Armut, von scheußlicher Hässlichkeit, von scheußlichem Hunger. Es ist unvermeidlich, dass ihr Gefühlsleben davon erschüttert wird. |
The majority of people spoil their lives by an unhealthy and exaggerated altruism -- are forced, indeed, so to spoil them. They find themselves surrounded by hideous poverty, by hideous ugliness, by hideous starvation. It is inevitable that they should be strongly moved by all this. |
Die Empfindungen des Menschen werden rascher erregt als sein Verstand; und es ist, wie ich jüngst in einem Artikel über das Wesen der Kritik hervorgehoben habe, sehr viel leichter, Mitgefühl für das Leiden zu hegen als Sympathie für das Denken. Daher tritt man mit bewundernswerten, jedoch irregeleiteten Absichten sehr ernsthaft und sehr sentimental an die Aufgabe heran, die sichtbaren Übel zu heilen. Aber diese Heilmittel heilen die Krankheit nicht: sie verlängern sie bloß. In der Tat sind sie ein Teil der Krankheit selbst. |
The emotions of man are stirred more quickly than man's intelligence; and, as I pointed out some time ago in an article on the function of criticism, it is much more easy to have sympathy with suffering than it is to have sympathy with thought. Accordingly, with admirable, though misdirected intentions, they very seriously and very sentimentally set themselves to the task of remedying the evils that they see. But their remedies do not cure the disease: they merely prolong it. Indeed, their remedies are part of the disease. |
Man versucht zum Beispiel das Problem der Armut zu lösen, indem man die Armen am Leben erhält; oder, wie es eine sehr fortgeschrittene Schule vorschlägt, indem man sie amüsiert. |
They try to solve the problem of poverty, for instance, by keeping the poor alive; or, in the case of a very advanced school, by amusing the poor. |
Aber das ist keine Lösung; es verschlimmert die Schwierigkeit. Das wahre Ziel heißt, die Gesellschaft auf einer Grundlage neu zu errichten, die die Armut ausschließt. Und die altruistischen Tugenden haben wirklich die Erreichung dieses Zieles verhindert. |
But this is not a solution: it is an aggravation of the difficulty. The proper aim is to try and reconstruct society on such a basis that poverty will be impossible. And the altruistic virtues have really prevented the carrying out of this aim. |
Gerade wie die ärgsten Sklavenhalter diejenigen waren, die ihre Sklaven wohlwollend behandelten und dadurch verhindert haben, dass die Greuel des Systems von denen, die darunter litten, erkannt und von denen, die darüber nachdachten, verstanden wurden, so richten beim gegenwärtigen Stand der Dinge in England jene den größten Schaden an, die versuchen, Gutes zu tun; und schließlich haben wir das Schauspiel erlebt, wie Männer, die sich eingehend mit dem Problem befasst haben und das Leben kennen - Männer von Bildung, die im East End wohnen -, auftreten und die Gemeinschaft anflehen, ihre altruistischen Anwandlungen von Barmherzigkeit, Fürsorge und dergleichen einzuschränken. |
Just as the worst slave-owners were those who were kind to their slaves, and so prevented the horror of the system being realised by those who suffered from it, and understood by those who contemplated it, so, in the present state of things in England, the people who do most harm are the people who try to do most good; and at last we have had the spectacle of men who have really studied the problem and know the life -- educated men who live in the East End -- coming forward and imploring the community to restrain its altruistic impulses of charity, benevolence, and the like. |
Sie tun das aus der Erwägung heraus, dass eine solche Barmherzigkeit erniedrigt und demoralisiert. Sie haben vollkommen recht. Aus der Barmherzigkeit entstehen viele Sünden. |
They do so on the ground that such charity degrades and demoralises. They are perfectly right. Charity creates a multitude of sins. |
Es ist auch noch folgendes zu sagen. Es ist amoralisch, Privateigentum zur Milderung der schrecklichen Übelstände zu verwenden, die aus der Einrichtung des Privateigentums entspringen. Es ist nicht nur amoralisch, sondern auch unehrlich. |
There is also this to be said. It is immoral to use private property in order to alleviate the horrible evils that result from the institution of private property. It is both immoral and unfair. |
Unter dem Sozialismus wird sich das alles selbstverständlich ändern. Es wird keine Menschen mehr geben, die in stinkenden Höhlen mit stinkenden Fetzen bekleidet wohnen und kränkliche, durch den Hunger verkümmerte Kinder inmitten einer unmöglichen, widerwärtigen Umgebung großziehn. |
Under Socialism all this will, of course, be altered. There will be no people living in fetid dens and fetid rags, and bringing up unhealthy, hunger-pinched children in the midst of impossible and absolutely repulsive surroundings. |
Die Sicherheit der Gesellschaft wird nicht mehr, wie es jetzt der Fall ist, vom Stande des Wetters abhängen. Wenn Frost kommt, werden nicht mehr hunderttausend Männer ihre Arbeit verlieren und im Zustand abscheulichen Elends durch die Straßen irren oder ihre Nachbarn um ein Almosen anbetteln oder sich vor den Toren der ekelhaften Asyle drängen, um sich ein Stück Brot oder ein verwahrlostes Obdach für die Nacht zu sichern. jedes Mitglied der Gesellschaft wird an dem allgemeinen Wohlstand und Glück teilhaben, und wenn Frost hereinbricht, so wird er niemandem Schaden zufügen. |
The security of society will not depend, as it does now, on the state of the weather. If a frost comes we shall not have a hundred thousand men out of work, tramping about the streets in a state of disgusting misery, or whining to their neighbours for alms, or crowding round the doors of loathsome shelters to try and secure a hunch of bread and a night's unclean lodging. Each member of the society will share in the general prosperity and happiness of the society, and if a frost comes no one will practically be anything the worse. |
Auf der anderen Seite wird der Sozialismus einfach deshalb von Wert sein, weil er zum Individualismus führt. |
Upon the other hand, Socialism itself will be of value simply because it will lead to Individualism. |
Der Sozialismus, Kommunismus oder wie immer man ihn benennen will, wird durch die Umwandlung des Privateigentums in allgemeinen Wohlstand und indem er anstelle des Wettbewerbs die Kooperation setzt, der Gesellschaft den ihr angemessenen Zustand eines gesunden Organismus wiedergeben und das materielle Wohl eines jeden Mitgliedes der Gemeinschaft sichern. |
Socialism, Communism, or whatever one chooses to call it, by converting private property into public wealth, and substituting co-operation for competition, will restore society to its proper condition of a thoroughly healthy organism, and ensure the material well-being of each member of the community. |
In der Tat wird er dem Leben seine richtige Grundlage und seine richtige Umgebung verschaffen. Um aber das Leben zu seiner höchsten Vollendung zu bringen, bedarf es noch eines anderen. Es bedarf des Individualismus. Wenn der Sozialismus autoritär ist, wenn Regierungen mit ökonomischer Macht ausgestattet werden, so wie sie jetzt mit politischer Macht ausgestattet sind, wenn wir mit einem Wort eine Industrietyrannis bekommen sollten, dann wäre der neue Status des Menschen schlimmer als der bisherige. |
It will, in fact, give Life its proper basis and its proper environment. But, for the full development of Life to its highest mode of perfection, something more is needed. What is needed is Individualism. If the Socialism is Authoritarian; if there are Governments armed with economic power as they are now with political power; if, in a word, we are to have Industrial Tyrannies, then the last state of man will be worse than the first. |
Heute sind durch das Bestehen des Privateigentums sehr viele Menschen imstande, ihre Individualität in einer gewissen, freilich sehr beschränkten Weise zu entfalten. Entweder brauchen sie nicht für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten, oder sie sind in der Lage, einen ihnen wirklich zusagenden Wirkungskreis zu wählen, der ihnen Freude bereitet. |
At present, in consequence of the existence of private property, a great many people are enabled to develop a certain very limited amount of Individualism. They are either under no necessity to work for their living, or are enabled to choose the sphere of activity that is really congenial to them, and gives them pleasure. |
Das sind die Dichter, die Philosophen, die Gelehrten, die Gebildeten - mit einem Wort die echten Menschen, die Menschen, die zur Selbstverwirklichung gelangt sind, und in denen die Menschheit ihre Verwirklichung teilweise erreicht. Andererseits gibt es eine große Zahl von Menschen, die kein Privateigentum besitzen, und da sie immer am Rande des nackten Elends stehen, sind sie genötigt, die Arbeit von Lasttieren zu verrichten, Arbeit, die ihnen keinesfalls zusagt und zu der sie nur durch die unabweisbare, widervernünftige, erniedrigende Tyrannis der Not gezwungen werden. |
These are the poets, the philosophers, the men of science, the men of culture -- in a word, the real men, the men who have realised themselves, and in whom all Humanity gains a partial realisation. Upon the other hand, there are a great many people who, having no private property of their own, and being always on the brink of sheer starvation, are compelled to do the work of beasts of burden, to do work that is quite uncongenial to them, and to which they are forced by the peremptory, unreasonable, degrading Tyranny of want. |
Das sind die Armen; in ihrem Lebensbereich fehlt jede Grazie, jede Anmut der Rede, jegliche Zivilisation oder Kultur, jede Verfeinerung der Genüsse und jede Lebensfreude. Aus ihrer kollektiven Kraft schöpft die Menschheit großen materiellen Reichtum. Aber sie gewinnt nur den materiellen Vorteil, und der Arme selbst bleibt dabei ohne die geringste Bedeutung. Er ist nur ein winziges Teilchen einer Kraft, die ihn nicht nur nicht beachtet, sondern zermalmt: ja, ihn mit Vorliebe zermalmt, weil er dann um so fügsamer ist. |
These are the poor; and amongst them there is no grace of manner, or charm of speech, or civilisation, or culture, or refinement in pleasures, or joy of life. From their collective force Humanity gains much in material prosperity. But it is only the material result that it gains, and the man who is poor is in himself absolutely of no importance. He is merely the infinitesimal atom of a force that, so far from regarding him, crushes him: indeed, prefers him crushed, as in that case he is far more obedient. |
Natürlich könnte man sagen, dass der unter den Bedingungen des Privateigentums entstandene Individualismus nicht immer und nicht einmal in der Regel etwas Erlesenes oder Wundervolles sei, und dass die Armen, mag es ihnen auch an Kultur und Anmut fehlen, doch manche Tugenden besitzen. Diese beiden Einwände wären vollkommen richtig. |
Of course, it might be said that the Individualism generated under conditions of private property is not always, or even as a rule, of a fine or wonderful type, and that the poor, if they have not culture and charm, have still many virtues. Both these statements would be quite true. |
Der Besitz von Privateigentum wirkt sehr oft gänzlich demoralisierend, und das ist natürlich einer der Gründe, weshalb der Sozialismus diese Einrichtung abschaffen möchte. Das Eigentum ist in der Tat etwas überaus Lästiges. Vor einigen Jahren gab es Leute, die überall im Lande verkündeten, dass das Eigentum Verpflichtungen mit sich brächte. |
The possession of private property is very often extremely demoralising, and that is, of course, one of the reasons why Socialism wants to get rid of the institution. In fact, property is really a nuisance. Some years ago people went about the country saying that property has duties. |
Sie haben es so häufig und mit solcher Hartnäckigkeit behauptet, dass zu guter Letzt die Kirche anfing, es nachzusagen. Man kann es jetzt von jeder Kanzel hören. Es ist absolut wahr. Eigentum erzeugt nicht nur Pflichten, sondern erzeugt so viele Pflichten, dass jeder große Besitz nichts als Verdruss mit sich bringt. Unaufhörlich werden Ansprüche an einen gestellt, man muss sich pausenlos um Geschäfte kümmern und kommt niemals zur Ruhe. |
They said it so often and so tediously that, at last, the Church has begun to say it. One hears it now from every pulpit. It is perfectly true. Property not merely has duties, but has so many duties that its possession to any large extent is a bore. It involves endless claims upon one, endless attention to business, endless bother. |
Wenn das Eigentum nur Freude brächte, so könnten wir es noch hinnehmen, aber seine Verpflichtungen machen es unerträglich. Im Interesse der Reichen müssen wir es abschaffen. |
If property had simply pleasures, we could stand it; but its duties make it unbearable. In the interest of the rich we must get rid of it. |
Man mag die Tugenden der Armen bereitwillig anerkennen, und doch muss man sie sehr bedauern. Wir bekommen oft zu hören, die Armen seien für Wohltaten dankbar. Einige von ihnen sind es ohne Zweifel, aber die besten unter den Armen sind niemals dankbar. Sie sind undankbar, unzufrieden, ungehorsam und rebellisch. Sie sind es mit vollem Recht. |
The virtues of the poor may be readily admitted, and are much to be regretted. We are often told that the poor are grateful for charity. Some of them are, no doubt, but the best amongst the poor are never grateful. They are ungrateful, discontented, disobedient, and rebellious. They are quite right to be so. |
Die Mildtätigkeit empfinden sie als lächerlich unzulängliches Mittel einer Teilrückerstattung oder als sentimentale Almosen, gewöhnlich mit dem unverschämten Versuch des sentimentalen Spenders verbunden, über ihr Privatleben zu herrschen. Warum sollten sie dankbar sein für die Krumen, die vom Tisch des Reichen fallen? |
Charity they feel to be a ridiculously inadequate mode of partial restitution, or a sentimental dole, usually accompanied by some impertinent attempt on the part of the sentimentalist to tyrannise over their private lives. Why should they be grateful for the crumbs that fall from the rich man's table? |
Sie selbst sollten beim Mahle sitzen, das beginnen sie jetzt zu begreifen. Was die Unzufriedenheit anbelangt, wer mit einer solchen Umgebung und einer so dürftigen Lebensführung nicht unzufrieden ist, müsste vollkommen abgestumpft sein. Wer die Geschichte gelesen hat, weiß, dass Ungehorsam die ursprüngliche Tugend des Menschen ist. Durch Ungehorsam ist der Fortschritt geweckt worden, durch Ungehorsam und durch Rebellion. |
They should be seated at the board, and are beginning to know it. As for being discontented, a man who would not be discontented with such surroundings and such a low mode of life would be a perfect brute. Disobedience, in the eyes of any one who has read history, is man's original virtue. It is through disobedience that progress has been made, through disobedience and through rebellion. |
Manchmal lobt man die Armen für ihre Sparsamkeit. Aber den Armen Sparsamkeit zu empfehlen, ist grotesk und beleidigend zugleich. Es ist, als gäbe man einem Verhungernden den Rat, weniger zu essen. Ein Stadt- oder Landarbeiter, der sparen wollte, beginge etwas absolut Amoralisches. |
Sometimes the poor are praised for being thrifty. But to recommend thrift to the poor is both grotesque and insulting. It is like advising a man who is starving to eat less. For a town or country labourer to practise thrift would be absolutely immoral. |
Der Mensch sollte sich nicht zu dem Beweis erniedrigen, dass er wie ein schlecht genährtes Tier leben kann. Er sollte lieber stehlen oder ins Armenhaus gehen, was viele für eine Form des Diebstahls halten. Was das Betteln betrifft, so ist Betteln sicherer als Stehlen, aber es ist anständiger zu stehlen, als zu betteln. Nein: Ein Armer, der undankbar, nicht sparsam, unzufrieden und rebellisch ist, ist wahrscheinlich eine echte Persönlichkeit, und es steckt viel in ihm. |
Man should not be ready to show that he can live like a badly fed animal. He should decline to live like that, and should either steal or go on the rates, which is considered by many to be a form of stealing. As for begging, it is safer to beg than to take, but it is finer to take than to beg. No: a poor man who is ungrateful, unthrifty, discontented, and rebellious, is probably a real personality, and has much in him. |
Er stellt auf jeden Fall einen gesunden Protest dar. Was die tugendsamen Armen betrifft, so kann man sie natürlich bedauern, aber keinesfalls bewundern. Sie haben mit dem Feinde gemeinsame Sache gemacht und haben ihr Erstgeburtsrecht für eine sehr schlechte Suppe verkauft. |
He is at any rate a healthy protest. As for the virtuous poor, one can pity them, of course, but one cannot possibly admire them. They have made private terms with the enemy, and sold their birthright for very bad pottage. They must also be extraordinarily stupid. |
Sie müssen außerdem äußerst dumm sein. Ich begreife wohl, dass ein Mann Gesetze annimmt, die das Privateigentum schützen und seine Anhäufung gestatten, solange er unter diesen Bedingungen seinem Leben eine gewisse Schönheit und Geistigkeit zu geben vermag. Doch ist es mir beinahe unverständlich, wie jemand, dessen Leben durch diese Gesetze zerstört und verunstaltet wird, ihren Fortbestand ruhig mit ansehen kann. |
I can quite understand a man accepting laws that protect private property, and admit of its accumulation, as long as he himself is able under those conditions to realise some form of beautiful and intellectual life. But it is almost incredible to me how a man whose life is marred and made hideous by such laws can possibly acquiesce in their continuance. |
Und dennoch ist es nicht wirklich schwer, eine Erklärung dafür zu finden. Es ist einfach dies: Armut und Elend wirken so völlig erniedrigend und üben einen so lähmenden Einfluss auf das Wesen des Menschen aus, dass sich keine Gesellschaftsklasse der Leiden jemals wirklich bewusst wird. Andere müssen sie darüber aufklären, und oftmals glauben sie ihnen nicht einmal. |
However, the explanation is not really difficult to find. It is simply this. Misery and poverty are so absolutely degrading, and exercise such a paralysing effect over the nature of men, that no class is ever really conscious of its own suffering. They have to be told of it by other people, and they often entirely disbelieve them. |
Was mächtige Arbeitgeber gegen Agitatoren sagen, ist fraglos wahr. Agitatoren sind Eindringlinge, die in eine vollkommen zufriedene Gesellschaftsschicht einbrechen und die Saat der Unzufriedenheit unter sie säen. Das ist der Grund, weshalb Agitatoren so absolut notwendig sind. |
What is said by great employers of labour against agitators is unquestionably true. Agitators are a set of interfering, meddling people, who come down to some perfectly contented class of the community, and sow the seeds of discontent amongst them. That is the reason why agitators are so absolutely necessary. |
Ohne sie gäbe es in unserem unvollkommenen Staat kein Fortschreiten zur Zivilisation hin. Die Sklaverei wurde in Amerika nicht etwa abgeschafft als Folge einer Bewegung unter den Sklaven selbst oder als Folge des leidenschaftlichen Verlangens der Sklaven nach Freiheit. Sie wurde beendet als Folge der ganz ungesetzlichen Aktionen der Agitatoren in Boston und anderen Orten, die selber weder Sklaven noch Sklavenhalter waren und mit der Frage an sich gar nichts zu tun hatten. |
Without them, in our incomplete state, there would be no advance towards civilisation. Slavery was put down in America, not in consequence of any action on the part of the slaves, or even any express desire on their part that they should be free. It was put down entirely through the grossly illegal conduct of certain agitators in Boston and elsewhere, who were not slaves themselves, nor owners of slaves, nor had anything to do with the question really. |
Es sind ohne Zweifel die Abolitionisten gewesen, die die Fackel in Brand setzten, die das Ganze in Bewegung brachten. Und es ist seltsam genug, dass sie unter den Sklaven nicht nur sehr wenig Unterstützung, sondern kaum Sympathien fanden; als die Sklaven am Ende des Krieges die Freiheit gewonnen hatten, so vollständig gewonnen hatten, dass sie die Freiheit besaßen zu verhungern, da bedauerten viele ihre neue Lage bitterlich. |
It was, undoubtedly, the Abolitionists who set the torch alight, who began the whole thing. And it is curious to note that from the slaves themselves they received, not merely very little assistance, but hardly any sympathy even; and when at the close of the war the slaves found themselves free, found themselves indeed so absolutely free that they were free to starve, many of them bitterly regretted the new state of things. |
Für den Denker ist nicht der Tod Marie Antoinettes, die sterben musste, weil sie Königin war, das tragischste Ereignis der Französischen Revolution, sondern die freiwillige Erhebung der ausgehungerten Bauern in der Vendée, die für die hässliche Sache des Feudalismus starben. |
To the thinker, the most tragic fact in the whole of the French Revolution is not that Marie Antoinette was killed for being a queen, but that the starved peasant of the Vend?e voluntarily went out to die for the hideous cause of feudalism. |
Es ist also klar, dass der autoritäre Sozialismus zu nichts führt. Denn während unter dem gegenwärtigen System eine sehr große Zahl von Menschen ihrem Leben eine gewisse Fülle von Freiheit und Ausdruck und Glück zu verleihen vermag, würde unter einem industriellen Kasernensystem oder einem System der ökonomischen Tyrannei niemandem mehr eine solche Freiheit verbleiben. Es ist bedauerlich, dass ein Teil unserer Gemeinschaft tatsächlich in einem Zustand der Sklaverei dahinlebt, aber es wäre kindisch, das Problem dadurch lösen zu wollen, dass man die gesamte Gemeinschaft versklavt. |
It is clear, then, that no Authoritarian Socialism will do. For while under the present system a very large number of people can lead lives of a certain amount of freedom and expression and happiness, under an industrial-barrack system, or a system of economic tyranny, nobody would be able to have any such freedom at all. It is to be regretted that a portion of our community should be practically in slavery, but to propose to solve the problem by enslaving the entire community is childish. |
Jedem muss die Freiheit belassen werden, seine Arbeit selbst zu wählen. Keinerlei Art von Zwang darf auf ihn ausgeübt werden. Sonst wird seine Arbeit weder für ihn selbst, weder an sich noch für andere von Nutzen sein. Und unter Arbeit verstehe ich einfach jede Art von Tätigkeit. |
Every man must be left quite free to choose his own work. No form of compulsion must be exercised over him. If there is, his work will not be good for him, will not be good in itself, and will not be good for others. And by work I simply mean activity of any kind. |
Ich glaube kaum, dass heute ein Sozialist ernsthaft vorschlagen würde, ein Inspektor solle jeden Morgen in jedem Hause vorsprechen, um zu überprüfen, ob jeder Bürger aufgestanden ist und sich an seine achtstündige Handarbeit begeben hat. Die Menschheit ist über dieses Stadium hinausgelangt und zwingt eine solche Lebensform nur denjenigen auf, die sie höchst willkürlich als Verbrecher zu bezeichnen pflegt. |
I hardly think that any Socialist, nowadays, would seriously propose that an inspector should call every morning at each house to see that each citizen rose up and did manual labour for eight hours. Humanity has got beyond that stage, and reserves such a form of life for the people whom, in a very arbitrary manner, it chooses to call criminals. |
Doch ich gestehe, dass viele sozialistische Anschauungen, denen ich begegnet bin, mir mit Vorstellungen von Autorität oder gar unmittelbarem Zwang vergiftet scheinen. Autorität und Zwang kommen selbstverständlich nicht in Betracht. jeder Zusammenschluss muss völlig freiwillig vor sich gehen. Nur wenn er sich freiwillig zusammenschließt, bewahrt der Mensch seine Würde. |
But I confess that many of the socialistic views that I have come across seem to me to be tainted with ideas of authority, if not of actual compulsion. Of course, authority and compulsion are out of the question. All association must be quite voluntary. It is only in voluntary associations that man is fine. |
Aber man könnte fragen, wie der Individualismus, der jetzt mehr oder minder vom Bestehen des Privateigentums abhängt, um sich entwickeln zu können, aus der Aufhebung des Privateigentums Nutzen ziehen wird. Die Antwort ist sehr einfach. Es ist wahr, unter den bestehenden Umständen haben einige Männer, die über private Mittel verfügten, wie Byron, Shelley, Browning, Victor Hugo, Baudelaire und andere es vermocht, ihre Persönlichkeit mehr oder weniger vollkommen zu verwirklichen. |
But it may be asked how Individualism, which is now more or less dependent on the existence of private property for its development, will benefit by the abolition of such private property. The answer is very simple. It is true that, under existing conditions, a few men who have had private means of their own, such as Byron, Shelley, Browning, Victor Hugo, Baudelaire, and others, have been able to realise their personality, more or less completely. |
Keiner von diesen Männern hat einen einzigen Tag seines Lebens um Lohn gearbeitet. Sie blieben von der Armut verschont. Sie hatten einen unerhörten Vorteil. Die Frage ist, ob es dem Individualismus zum Guten gereichte, wenn ein solcher Vorteil aufgehoben würde. Nehmen wir an, er sei aufgehoben. Was geschieht dann mit dem Individualismus? Welchen Nutzen wird er daraus ziehen? |
Not one of these men ever did a single day's work for hire. They were relieved from poverty. They had an immense advantage. The question is whether it would be for the good of Individualism that such an advantage should be taken away. Let us suppose that it is taken away. What happens then to Individualism? How will it benefit? |
Er wird folgenden Nutzen daraus schöpfen. Unter den neuen Bedingungen wird der Individualismus weit freier, weitaus würdiger und kraftvoller sein als jetzt. Ich spreche nicht von dem großen, in der Phantasie zur Verwirklichung gelangten Individualismus der Dichter, die ich soeben genannt habe, sondern von dem großen, tatsächlichen Individualismus, der in der Menschheit im allgemeinen verborgen und mittelbar wirksam wird. Denn die Anerkennung des Privateigentums hat dem Individualismus wirklich geschadet und ihn getrübt, indem sie den Menschen mit seinem Besitz gleichsetzt. |
It will benefit in this way. Under the new conditions Individualism will be far freer, far finer, and far more intensified than it is now. I am not talking of the great imaginatively realised Individualism of such poets as I have mentioned, but of the great actual Individualism latent and potential in mankind generally. For the recognition of private property has really harmed Individualism, and obscured it, by confusing a man with what he possesses. |
Sie hat den Individualismus völlig irregeleitet. Sie hat bewirkt, dass Gewinn, nicht Wachstum sein Ziel wurde. So dass der Mensch meinte, das Wichtigste sei das Haben, und nicht wusste, dass es das Wichtigste ist, zu sein. Die wahre Vollendung des Menschen liegt nicht in dem, was er besitzt, sondern in dem, was er ist. |
It has led Individualism entirely astray. It has made gain, not growth, its aim. So that man thought that the important thing was to have, and did not know that the important thing is to be. The true perfection of man lies, not in what man has, but in what man is. |
Das Privateigentum hat den wahren Individualismus zerstört und an seiner Stelle einen falschen Individualismus hervorgebracht. Es hat einen Teil der Gemeinschaft durch Hunger von der Individualisierung ausgeschlossen. Es hat den anderen Teil der Gemeinschaft von der Individualisierung abgehalten, indem es ihn auf den falschen Weg geleitet und überlastet hat. In der Tat ist die Persönlichkeit des Menschen so ausschließlich von seinem Besitz absorbiert worden, dass das englische Recht Vergehen wider das Eigentum weit schärfer ahndet, als ein Vergehen wider die Person, und noch immer ist Eigentum unerlässlich für die Gewährung des vollen Bürgerrechts. |
Private property has crushed true Individualism, and set up an Individualism that is false. It has debarred one part of the community from being individual by starving them. It has debarred the other part of the community from being individual by putting them on the wrong road, and encumbering them. Indeed, so completely has man's personality been absorbed by his possessions that the English law has always treated offences against a man's property with far more severity than offences against his person, and property is still the test of complete citizenship. |
Der Fleiß, der notwendig ist, um Geld zu machen, wirkt ebenfalls sehr demoralisierend. In einer Gemeinschaft wie der unsrigen, in der das Eigentum unbegrenzte Auszeichnung, gesellschaftliche Stellung, Ehre, Ansehen, Titel und andere angenehme Dinge dieser Art verleiht, setzt sich der von Natur aus ehrgeizige Mensch das Ziel, dieses Eigentum anzuhäufen, und er sammelt hartnäckig und mühevoll immer neue Schätze an, wenn er schon längst mehr erworben hat als er braucht oder verwenden oder genießen oder vielleicht sogar überschauen kann. |
The industry necessary for the making of money is also very demoralising. In a community like ours, where property confers immense distinction, social position, honour, respect, titles, and other pleasant things of the kind, man, being naturally ambitious, makes it his aim to accumulate this property, and goes on wearily and tediously accumulating it long after he has got far more than he wants, or can use, or enjoy, or perhaps even know of. |
Der Mensch bringt sich durch Überarbeitung um, damit er sein Eigentum sicherstellt, und bedenkt man die ungeheuren Vorteile, die das Eigentum bringt, so ist man kaum darüber verwundert. Es ist bedauerlich, dass die Gesellschaft auf einer solchen Grundlage aufgebaut ist, und der Mensch in eine Bahn gedrängt wird, wo er das Wunderbare, Faszinierende und Köstliche seiner Natur nicht frei zu entfalten vermag - wo er in der Tat das echte Vergnügen und die Freude am Leben entbehrt. Außerdem ist seine Lage unter den gegebenen Bedingungen sehr unsicher. |
Man will kill himself by overwork in order to secure property, and really, considering the enormous advantages that property brings, one is hardly surprised. One's regret is that society should be constructed on such a basis that man has been forced into a groove in which he cannot freely develop what is wonderful, and fascinating, and delightful in him -- in which, in fact, he misses the true pleasure and joy of living. He is also, under existing conditions, very insecure. |
Ein sehr reicher Kaufmann kann in jedem Augenblick seines Lebens - und er ist es häufig - von Dingen abhängig sein, die außerhalb seiner Kontrolle liegen. Weht der Wind ein wenig stärker oder schlägt das Wetter plötzlich um oder ereignet sich irgend etwas ganz Alltägliches, so wird sein Schiff vielleicht sinken, seine Spekulationen schlagen fehl und er ist plötzlich ein armer Mann, seine gesellschaftliche Stellung ist ruiniert. |
An enormously wealthy merchant may be -- often is -- at every moment of his life at the mercy of things that are not under his control. If the wind blows an extra point or so, or the weather suddenly changes, or some trivial thing happens, his ship may go down, his speculations may go wrong, and he finds himself a poor man, with his social position quite gone. |
Nichts sollte dem Menschen Schaden zufügen, es sei denn, er schade sich selbst. Überhaupt nichts sollte imstande sein, den Menschen zu berauben. Es gehört ihm nur das wirklich, was er in sich trägt. Alles übrige sollte für ihn ohne Belang sein. |
Now, nothing should be able to harm a man except himself. Nothing should be able to rob a man at all. What a man really has, is what is in him. What is outside of him should be a matter of no importance. |
Die Abschaffung des Privateigentums wird also den wahren, schönen, gesunden Individualismus mit sich bringen. Niemand wird sein Leben mit der Anhäufung von Dingen und ihrer Symbole vergeuden. Man wird leben. Wirklich zu leben ist das Kostbarste auf der Welt. Die meisten Menschen existieren bloß, sonst nichts. |
With the abolition of private property, then, we shall have true, beautiful, healthy Individualism. Nobody will waste his life in accumulating things, and the symbols for things. One will live. To live is the rarest thing in the world. Most people exist, that is all. |
Es ist fraglich, ob wir jemals die volle Entfaltung einer Persönlichkeit erlebt haben, außer auf der imaginativen Ebene der Kunst. Im Bereich des Handelns haben wir sie nie kennen gelernt. Cäsar, so sagt Mommsen, war der vollendete und vollkommene Mensch. Aber wie tragisch gefährdet war Cäsar. Wo immer ein Mann Autorität ausübt, dort gibt es einen, der sich der Autorität widersetzt. Cäsar war nahezu vollkommen, aber seine Vollkommenheit bewegte sich auf einer sehr gefährlichen Bahn. |
It is a question whether we have ever seen the full expression of a personality, except on the imaginative plane of art. In action, we never have. C?sar, says Mommsen, was the complete and perfect man. But how tragically insecure was C?sar! Wherever there is a man who exercises authority, there is a man who resists authority. C?sar was very perfect, but his perfection travelled by too dangerous a road. |
Mark Aurel war der vollkommene Mensch, sagt Renan. Gewiss, der große Kaiser war ein vollkommener Mensch. Aber wie unerträglich waren die unzähligen Anforderungen, die man an ihn stellte. Er trug schwer an der Last des Kaisertums. Er wusste, dass die Kraft eines Einzelnen nicht ausreichte, um das Gewicht dieses titanischen und allzu großen Weltreiches zu tragen. Was ich unter einem vollkommenen Menschen verstehe, ist jemand, der sich unter vollkommenen Bedingungen entwickelt; jemand, der nicht verwundet, getrieben oder gelähmt oder von Gefahren umringt ist. |
Marcus Aurelius was the perfect man, says Renan. Yes; the great emperor was a perfect man. But how intolerable were the endless claims upon him! He staggered under the burden of the empire. He was conscious how inadequate one man was to bear the weight of that Titan and too vast orb. What I mean by a perfect man is one who develops under perfect conditions; one who is not wounded, or worried, or maimed, or in danger. |
Die meisten Persönlichkeiten sind dazu gezwungen gewesen, Rebellen zu sein. Die Hälfte ihrer Kraft ist in Auseinandersetzungen vergeudet worden. Byrons Persönlichkeit zum Beispiel wurde furchtbar aufgerieben im Kampfe gegen die Dummheit, die Heuchelei und das Philistertum der Engländer. Solche Kämpfe steigern keinesfalls immer die Kraft; oftmals vergrößern sie nur die Schwäche. Byron hat uns niemals zu geben vermocht, was er uns hätte geben können. |
Most personalities have been obliged to be rebels. Half their strength has been wasted in friction. Byron's personality, for instance, was terribly wasted in its battle with the stupidity and hypocrisy and Philistinism of the English. Such battles do not always intensify strength; they often exaggerate weakness. Byron was never able to give us what he might have given us. |
Shelley ist es besser ergangen. Wie Byron verließ er England so früh wie möglich. Aber er war weniger bekannt. Hätten die Engländer erkannt, was für ein großer Dichter er in Wirklichkeit war, sie wären mit Zähnen und Klauen über ihn hergefallen und hätten ihm das Leben nach Kräften vergällt. Er spielte jedoch keine wesentliche Rolle in der Gesellschaft, und folglich rettete er sich bis zu einem gewissen Grade vor ihr. Und trotzdem ist manchmal auch bei Shelley der Ausdruck der Empörung sehr heftig. Der Ausdruck der vollkommenen Persönlichkeit ist nicht Empörung, sondern Ruhe. |
Shelley escaped better. Like Byron, he got out of England as soon as possible. But he was not so well known. If the English had realised what a great poet he really was, they would have fallen on him with tooth and nail, and made his life as unbearable to him as they possibly could. But he was not a remarkable figure in society, and consequently he escaped, to a certain degree. Still, even in Shelley the note of rebellion is sometimes too strong. The note of the perfect personality is not rebellion, but peace. |
Die wahre Persönlichkeit des Menschen wird wunderbar sein, wenn sie in Erscheinung tritt. Sie wird natürlich und einfach wachsen, wie eine Blume oder wie ein Baum wächst. Sie wird nicht zwiespältig sein. Sie wird nicht überreden wollen und nicht streiten. Sie wird nichts beweisen wollen. Sie wird alles wissen. Und doch wird sie sich nicht um das Wissen bemühen. Sie wird Weisheit besitzen. Ihr Wert wird nicht an materiellen Maßstäben gemessen werden. Sie wird nichts ihr eigen nennen. |
It will be a marvellous thing -- the true personality of man -- when we see it. It will grow naturally and simply, flowerlike, or as a tree grows. It will not be at discord. It will never argue or dispute. It will not prove things. It will know everything. And yet it will not busy itself about knowledge. It will have wisdom. Its value will not be measured by material things. It will have nothing. |
Und doch wird sie über alles verfügen, und was immer man ihr wegnimmt, wird sie nicht ärmer machen, so groß wird ihr Reichtum sein. Sie wird sich anderen nicht aufdrängen oder verlangen, wie sie selbst zu sein. Sie wird sie lieben, weil sie so verschieden sind. Und gerade weil sie sich nicht um die andern kümmert, wird sie allen helfen, wie etwas Schönes uns hilft, durch das, was es ist. Die Persönlichkeit des Menschen wird wundervoll sein. So wundervoll wie das Wesen eines Kindes. |
And yet it will have everything, and whatever one takes from it, it will still have, so rich will it be. It will not be always meddling with others, or asking them to be like itself. It will love them because they will be different. And yet while it will not meddle with others, it will help all, as a beautiful thing helps us, by being what it is. The personality of man will be very wonderful. It will be as wonderful as the personality of a child. |
In ihrer Entwicklung wird sie vom Christentum gefördert werden, wenn die Menschen danach verlangen; wenn sie es nicht wünschen, wird sie sich trotzdem entwickeln. Denn sie wird sich nicht länger um die Vergangenheit quälen, noch wird sie fragen, ob Ereignisse wirklich stattgefunden haben oder nicht. Und sie wird keine anderen Gesetze als die eigenen anerkennen; keine andere Autorität als die eigene. Doch wird sie jene lieben, die versucht haben, sie zu bereichern und ihrer oft gedenken. Und zu diesen gehört Christus. |
In its development it will be assisted by Christianity, if men desire that; but if men do not desire that, it will develop none the less surely. For it will not worry itself about the past, nor care whether things happened or did not happen. Nor will it admit any laws but its own laws; nor any authority but its own authority. Yet it will love those who sought to intensify it, and speak often of them. And of these Christ was one. |
"Erkenne dich selbst!" stand am Eingang der antiken Welt geschrieben. Über dem Eingang der neuen Welt wird geschrieben stehen "sei du selbst". Und die Botschaft Christi an den Menschen lautete einfach "sei du selbst". Dies ist das Geheimnis Christi. |
'Know thyself' was written over the portal of the antique world. Over the portal of the new world, 'Be thyself' shall be written. And the message of Christ to man was simply 'Be thyself.' That is the secret of Christ. |
Wenn Jesus von den Armen spricht, so meint er eigentlich Persönlichkeiten, und wenn er von den Reichen spricht, meint er eigentlich diejenigen, die ihre Persönlichkeit nicht entwickelt haben. |
When Jesus talks about the poor he simply means personalities, just as when he talks about the rich he simply means people who have not developed their personalities. |
Jesus lebte in einem Staat, der die Anhäufung von Privateigentum genauso gestattete, wie es heutzutage bei uns der Fall ist; und die Botschaft, die er predigte, war nicht etwa, dass es in einer solchen Gesellschaft für den Menschen von Vorteil sei, sich von unbekömmlicher, kärglicher Speise zu nähren, zerlumpte, schmutzige Kleider zu tragen, in schrecklichen, ungesunden Wohnungen zu leben oder dass es von Nachteil sei, wenn der Mensch unter gesunden, angenehmen und angemessenen Verhältnissen lebt. Eine solche Anschauung wäre zu seiner Zeit falsch gewesen, und sie wäre natürlich erst recht falsch im heutigen England; denn je weiter man nach Norden kommt, desto wichtiger werden die materiellen Lebensvoraussetzungen, und unsere Gesellschaft ist viel komplexen und weist viel schärfere Gegensätze von Luxus und Elend auf als irgendeine Gesellschaft der antiken Welt. |
Jesus moved in a community that allowed the accumulation of private property just as ours does, and the gospel that he preached was, not that in such a community it is an advantage for a man to live on scanty, unwholesome food, to wear ragged, unwholesome clothes, to sleep in horrid, unwholesome dwellings, and a disadvantage for a man to live under healthy, pleasant, and decent conditions. Such a view would have been wrong there and then, and would, of course, be still more wrong now and in England; for as man moves northward the material necessities of life become of more vital importance, and our society is infinitely more complex, and displays far greater extremes of luxury and pauperism than any society of the antique world. |
Was Jesus dem Menschen sagen wollte, war einfach dies: "Deine Persönlichkeit ist etwas Wertvolles. Entwickle sie. Sei du selbst. Glaube nicht, dass du durch das Anhäufen oder den Besitz von materiellen Gütern deine Vollendung erlangst. In dir selbst liegt deine Vollendung. Wenn du das nur wahrhaben könntest, würdest du nicht nach Reichtum streben. |
What Jesus meant was this. He said to man, 'You have a wonderful personality. Develop it. Be yourself. Don't imagine that your perfection lies in accumulating or possessing external things. Your affection is inside of you. If only you could realise that, you would not want to be rich. |
Äußere Reichtümer können dem Menschen geraubt werden. Die echten Reichtümer nicht. In der Schatzkammer deiner Seele liegen unermessliche Kostbarkeiten, die dir niemand wegnehmen kann. Und darum versuche dein Leben so einzurichten, dass Äußerlichkeiten dir nichts anhaben können. Und versuche auch, dich von deinem persönlichen Eigentum zu befreien. |
Ordinary riches can be stolen from a man. Real riches cannot. In the treasury-house of your soul, there are infinitely precious things, that may not be taken from you. And so, try to so shape your life that external things will not harm you. And try also to get rid of personal property. |
Es verursacht eine kleinliche Befangenheit, unendliche Mühsal, unaufhörlichen Ärger." Das persönliche Eigentum behindert den Individualismus auf Schritt und Tritt. Man sollte sich vor Augen halten, dass Jesus niemals davon spricht, dass die armen Leute notwendigerweise gut seien und die Reichen notwendigerweise schlecht. Das wäre nicht richtig gewesen. Die Reichen sind als Klasse besser als die Armen, sie sind sittlicher, geistiger, besser erzogen. |
It involves sordid preoccupation, endless industry, continual wrong. Personal property hinders Individualism at every step.' It is to be noted that Jesus never says that impoverished people are necessarily good, or wealthy people necessarily bad. That would not have been true. Wealthy people are, as a class, better than impoverished people, more moral, more intellectual, more well-behaved. |
Es gibt nur eine Gesellschaftsklasse, die mehr an das Geld denkt als die Reichen, und das sind die Armen. Die Armen können an nichts anderes denken. Darin liegt ihr Unglück. Jesus will sagen, dass der Mensch nicht durch das, was er hat, nicht einmal durch das, was er tut, sondern nur durch das, was er ist, zu seiner Vollendung gelangt. Und so wird der reiche Jüngling, der zu Jesus kommt, als ein untadeliger Bürger dargestellt, der kein Gesetz seines Staates gebrochen, keine Vorschrift seiner Religion verletzt hat. |
There is only one class in the community that thinks more about money than the rich, and that is the poor. The poor can think of nothing else. That is the misery of being poor. What Jesus does say, is that man reaches his perfection, not through what he has, not even through what he does, but entirely through what he is. And so the wealthy young man who comes to Jesus is represented as a thoroughly good citizen, who has broken none of the laws of his state, none of the commandments of his religion. |
Er ist höchst achtbar in der gewöhnlichen Bedeutung dieses außergewöhnlichen Wortes. Jesus sagt zu ihm: "Du solltest dich deines Besitzes entledigen. Er hält dich von deiner Selbstverwirklichung ab. Er umstrickt dich wie ein Netz. Er ist eine Last. Deine Persönlichkeit bedarf seiner nicht. In dir und nicht außerhalb deiner selbst, wirst du finden, was du in Wirklichkeit bist und was du wirklich brauchst." Zu seinen eigenen Freunden sagt er das gleiche. Er gibt ihnen den Rat, sie selbst zu sein. Und sich nicht immer mit anderen Dingen zu quälen. Was ist schon daran gelegen. |
He is quite respectable, in the ordinary sense of that extraordinary word. Jesus says to him, 'You should give up private property. It hinders you from realising your perfection. It is a drag upon you. It is a burden. Your personality does not need it. It is within you, and not outside of you, that you will find what you really are, and what you really want.' To his own friends he says the same thing. He tells them to be themselves, and not to be always worrying about other things. What do other things matter? |
Der Mensch ist in sich vollkommen. Wenn sie in die Welt hinausgehen, wird sich die Welt im Widerspruch zu ihnen befinden. Das ist unvermeidlich. Die Welt hasst den Individualismus. Aber das soll sie nicht bekümmern. Sie sollten gelassen in sich ruhen. Nimmt ihnen jemand den Mantel, so sollten sie ihm auch noch den Rock geben, nur um zu zeigen, dass materielle Dinge ohne Bedeutung sind. Wenn die Menschen sie schmähen, so sollten sie nichts entgegnen. Was bedeutet es schon. Was über einen Menschen gesagt wird, ändert ihn nicht. Er bleibt, was er ist. |
Man is complete in himself. When they go into the world, the world will disagree with them. That is inevitable. The world hates Individualism. But that is not to trouble them. They are to be calm and self-centred. If a man takes their cloak, they are to give him their coat, just to show that material things are of no importance. If people abuse them, they are not to answer back. What does it signify? The things people say of a man do not alter a man. He is what he is. |
Die öffentliche Meinung ist von keinerlei Wert. Selbst wenn ihnen die Menschen mit offener Gewalt begegnen, sollen sie auf jede Gewalt verzichten. Das hieße, sich auf die gleiche niedrige Stufe zu begeben. Schließlich kann der Mensch auch im Gefängnis frei sein. Seine Seele kann frei sein. Seine Persönlichkeit kann unbehelligt bleiben. Er kann mit sich in Frieden sein. Und vor allen Dingen sollen sie sich nicht mit anderen Leuten einlassen und sich ein Urteil über sie anmaßen. |
Public opinion is of no value whatsoever. Even if people employ actual violence, they are not to be violent in turn. That would be to fall to the same low level. After all, even in prison, a man can be quite free. His soul can be free. His personality can be untroubled. He can be at peace. And, above all things, they are not to interfere with other people or judge them in any way. |
Die Persönlichkeit ist etwas sehr Geheimnisvolles. Man kann einen Menschen nicht immer nach seinen Handlungen beurteilen. Er mag das Gesetz achten und doch schlecht sein. Er mag das Gesetz brechen und ist doch edel. Er ist vielleicht verdorben, ohne je etwas Böses getan zu haben. Er begeht vielleicht eine Sünde gegen die Gesellschaft und erreicht durch dieses Vergehen seine wahre Selbstvollendung. |
Personality is a very mysterious thing. A man cannot always be estimated by what he does. He may keep the law, and yet be worthless. He may break the law, and yet be fine. He may be bad, without ever doing anything bad. He may commit a sin against society, and yet realise through that sin his true perfection. |
Da war ein Weib, das hatte Ehebruch begangen. Die Geschichte ihrer Liebe wird uns nicht berichtet. Aber sie muss sehr groß gewesen sein; denn Jesus sagte, ihre Sünden seien ihr vergeben, nicht weil sie bereue, sondern weil ihre Liebe so stark und wundervoll sei. Später, kurze Zeit vor seinem Tod, als er bei einem Mahle saß, trat das Weib ein und goss Wohlgerüche auf sein Haar. |
There was a woman who was taken in adultery. We are not told the history of her love, but that love must have been very great; for Jesus said that her sins were forgiven her, not because she repented, but because her love was so intense and wonderful. Later on, a short time before his death, as he sat at a feast, the woman came in and poured costly perfumes on his hair. |
Seine jünger versuchten, sie daran zu hindern und sagten, das sei Verschwendung, und das Geld für die Spezereien hätte besser für ein Werk der Barmherzigkeit an notleidenden Menschen oder ähnliche Zwecke aufgewendet werden sollen. Jesus stimmte dieser Anschauung nicht zu. Er betonte, dass die materiellen Bedürfnisse des Menschen groß und sehr beständig seien, aber die geistigen Bedürfnisse des Menschen seien noch größer, und eine Persönlichkeit könne in einem göttlichen Augenblick zu ihrer Vollkommenheit gelangen, indem sie die Form ihres Ausdrucks selber wähle. Die Welt verehrt dieses Weib noch heute als eine Heilige. |
His friends tried to interfere with her, and said that it was extravagance, and that the money that the perfume cost should have been expended on charitable relief of people in want, or something of that kind. Jesus did not accept that view. He pointed out that the material needs of Man were great and very permanent, but that the spiritual needs of Man were greater still, and that in one divine moment, and by selecting its own mode of expression, a personality might make itself perfect. The world worships the woman, even now, as a saint. |
Ja, es liegt sehr viel Anziehendes im Individualismus. Der Sozialismus hebt zum Beispiel das Familienleben auf. Mit der Abschaffung des Privateigentums muss die Ehe in ihrer gegenwärtigen Form verschwinden. Das ist ein Teil des Programms. Der Individualismus nimmt diesen Grundsatz auf und verfeinert ihn. Er wandelt die Abschaffung gesetzlichen Zwanges in eine Form der Freiheit um, die der vollen Entfaltung der Persönlichkeit dient und die Liebe zwischen Mann und Frau wundervoller, schöner und freier machen wird. |
Yes; there are suggestive things in Individualism. Socialism annihilates family life, for instance. With the abolition of private property, marriage in its present form must disappear. This is part of the programme. Individualism accepts this and makes it fine. It converts the abolition of legal restraint into a form of freedom that will help the full development of personality, and make the love of man and woman more wonderful, more beautiful, and more ennobling. |
Jesus wusste dies. Er verwarf die Ansprüche des Familienlebens, obwohl sie zu seiner Zeit und in der damaligen Gesellschaft eine sehr ausgeprägte Rolle spielten. "Wer ist meine Mutter? Wer sind meine Brüder?" erwiderte er, als man ihm berichtete, dass sie mit ihm zu sprechen wünschten. Als einer seiner Jünger um die Erlaubnis bat, sich entfernen zu dürfen, um seinen Vater zu begraben, lautete seine furchtbare Antwort: "Lass die Toten die Toten begraben." Er ließ keinen wie auch immer gearteten Anspruch gelten, der an die Persönlichkeit gestellt wurde. |
Jesus knew this. He rejected the claims of family life, although they existed in his day and community in a very marked form. 'Who is my mother? Who are my brothers?' he said, when he was told that they wished to speak to him. When one of his followers asked leave to go and bury his father, 'Let the dead bury the dead,' was his terrible answer. He would allow no claim whatsoever to be made on personality. |
Und darum führt nur der ein Leben im Sinne Christi, der ganz und gar er selbst bleibt. Er mag ein großer Dichter sein oder ein großer Gelehrter oder ein junger Universitätsstudent oder einer, der die Schafe auf der Heide hütet; ein Dramendichter wie Shakespeare oder ein Gottesgrübler wie Spinoza; oder ein Kind, das im Garten spielt, oder ein Fischer, der sein Netz ins Meer wirft. Es kommt nicht darauf an, was er ist, solange er alle Möglichkeiten seiner Seele zur Entfaltung bringt. |
And so he who would lead a Christlike life is he who is perfectly and absolutely himself. He may be a great poet, or a great man of science; or a young student at a University, or one who watches sheep upon a moor; or a maker of dramas, like Shakespeare, or a thinker about God, like Spinoza; or a child who plays in a garden, or a fisherman who throws his net into the sea. It does not matter what he is, as long as he realises the perfection of the soul that is within him. |
Alle Nachahmung in Dingen der Moral und im Leben ist von Übel. Durch die Straßen von Jerusalem schleppt sich in unseren Tagen ein Wahnsinniger, der ein hölzernes Kreuz auf den Schultern trägt. Er ist ein Symbol aller Menschenleben, die durch Nachahmung zerstört sind. |
All imitation in morals and in life is wrong. Through the streets of Jerusalem at the present day crawls one who is mad and carries a wooden cross on his shoulders. He is a symbol of the lives that are marred by imitation. |
Vater Damien handelte im Sinne Christi, als er auszog, mit den Leprakranken zu leben, denn durch diesen Dienst brachte er das Beste in sich zur Vollendung. Doch war er Christus nicht näher als Wagner, als dieser seine Seele in der Musik verwirklichte; oder als Shelley, der seine Seele im Gesang vollendete. Die Seele des Menschen ist nicht an eine Erscheinungsform gebunden. |
Father Damien was Christlike when he went out to live with the lepers, because in such service he realised fully what was best in him. But he was not more Christlike than Wagner when he realised his soul in music; or than Shelley, when he realised his soul in song. There is no one type for man. |
Es gibt so viele Möglichkeiten der Vollkommenheit, wie es unvollkommene Menschen gibt. |
There are as many perfections as there are imperfect men. |
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Und während man sich den Ansprüchen der Wohltätigkeit unterwerfen und doch frei bleiben kann, so bleibt niemand frei, der sich mit den Ansprüchen des Konformismus einlässt. |
And while to the claims of charity a man may yield and yet be free, to the claims of conformity no man may yield and remain free at all. |
Den Individualismus sollen wir also durch Sozialismus erlangen. Der Staat muss infolgedessen jede Absicht zu herrschen aufgeben. Er muss sie aufgeben, weil man zwar, wie ein Weiser einmal viele Jahrhunderte vor Christus sagte, die Menschheit sich selbst überlassen kann; aber die Menschheit regieren, das kann man nicht. |
Individualism, then, is what through Socialism we are to attain. As a natural result the State must give up all idea of government. It must give it up because, as a wise man once said many centuries before Christ, there is such a thing as leaving mankind alone; there is no such thing as governing mankind. |
Alle Arten des Regierens erweisen sich als Missgriff. Der Despotismus ist ungerecht gegen alle, auch gegen den Despoten, der vielleicht zu etwas Besserem bestimmt war. Oligarchien sind ungerecht gegen die vielen, und Ochlokratien sind ungerecht gegen die wenigen. |
All modes of government are failures. Despotism is unjust to everybody, including the despot, who was probably made for better things. Oligarchies are unjust to the many, and ochlocracies are unjust to the few. |
Einmal hat man große Hoffnungen in die Demokratie gesetzt; aber Demokratie ist nichts anderes als das Niederknüppeln des Volkes durch das Volk für das Volk. Das ist erwiesen. Ich muss sagen, es war höchste Zeit. Denn jede Autorität erniedrigt. Sie erniedrigt gleichermaßen Herrscher und Beherrschte. |
High hopes were once formed of democracy; but democracy means simply the bludgeoning of the people by the people for the people. It has been found out. I must say that it was high time, for all authority is quite degrading. It degrades those who exercise it, and degrades those over whom it is exercised. |
Wird sie gewalttätig, brutal und grausam ausgeübt, so ruft sie eine positive Wirkung hervor, indem sie den Geist der Revolte und den Individualismus anstachelt, der sie vernichten soll. Wird sie mit einer gewissen Großzügigkeit ausgeübt und werden Preise und Belohnungen vergeben, so ist ihre Wirkung furchtbar demoralisierend. |
When it is violently, grossly, and cruelly used, it produces a good effect, by creating, or at any rate bringing out, the spirit of revolt and Individualism that is to kill it. When it is used with a certain amount of kindness, and accompanied by prizes and rewards, it is dreadfully demoralising. |
In diesem Fall werden sich die Menschen des furchtbaren Druckes, der auf ihnen lastet, weniger bewusst und gehen in einer Art von vulgärem Wohlbehagen durch das Leben wie zahme Haustiere, ohne jemals zu erkennen, dass sie wahrscheinlich die Gedanken anderer Menschen denken, nach den Normen anderer Menschen leben, dass sie gewissermaßen nur die abgelegten Kleider der anderen tragen und niemals, auch nicht einen Augenblick lang, sie selbst sind. "Wer frei sein will", sagt ein kluger Kopf, "darf sich nicht anpassen." Und die Autorität, die den Menschen zum Konformismus verleitet, bewirkt unter uns eine sehr grobe Form der übersättigten Barbarei. |
People, in that case, are less conscious of the horrible pressure that is being put on them, and so go through their lives in a sort of coarse comfort, like petted animals, without ever realising that they are probably thinking other people's thoughts, living by other people's standards, wearing practically what one may call other people's second-hand clothes, and never being themselves for a single moment. 'He who would be free,' says a fine thinker, 'must not conform.' And authority, by bribing people to conform, produces a very gross kind of over-fed barbarism amongst us. |
Mit der Autorität wird auch die Strafe verschwinden. Das wird ein großer Gewinn sein - in der Tat ein Gewinn von unschätzbarem Wert. Liest man die Geschichte, aber nicht in den bereinigten Ausgaben für Schüler und Examenskandidaten, sondern in den Originalwerken der Zeit, so ist man angewidert, nicht von den Verbrechen, die die Bösen begangen, sondern von den Strafen, die die Guten verhängt haben; und eine Gesellschaft verroht viel mehr durch die gewohnheitsmäßige Anwendung von Strafen als durch das gelegentliche Vorkommen von Verbrechen. |
With authority, punishment will pass away. This will be a great gain -- a gain, in fact, of incalculable value. As one reads history, not in the expurgated editions written for schoolboys and passmen, but in the original authorities of each time, one is absolutely sickened, not by the crimes that the wicked have committed, but by the punishments that the good have inflicted; and a community is infinitely more brutalised by the habitual employment of punishment, than it is by the occurrence of crime. |
Es ist erwiesen, dass desto mehr Verbrechen geschehen, je mehr Strafen verhängt werden, und die meisten modernen Gesetzgeber haben das deutlich erkannt und es sich zur Aufgabe gemacht, die Bestrafung auf ein Minimum zu beschränken. Überall dort, wo die Strafen wirklich vermindert wurden, waren die Ergebnisse außerordentlich günstig. je weniger Strafen, desto weniger Verbrechen. Wenn es überhaupt keine Bestrafung mehr geben wird, wird das Verbrechen entweder aufhören zu existieren, oder wenn es vorkommt, wird es von den Ärzten als eine sehr quälende Form von Dementia behandelt werden, die durch sorgfältige und liebevolle Pflege zu heilen ist. |
It obviously follows that the more punishment is inflicted the more crime is produced, and most modern legislation has clearly recognized this, and has made it its task to diminish punishment as far as it thinks it can. Wherever it has really diminished it, the results have always been extremely good. The less punishment, the less crime. When there is no punishment at all, crime will either cease to exist, or, if it occurs, will be treated by physicians as a very distressing form of dementia, to be cured by care and kindness. For what are called criminals nowadays are not criminals at all. |
Diejenigen, die man heutzutage Verbrecher nennt, sind keine Verbrecher. Der Hunger, nicht die Sünde, sind in unserer Zeit die Ursache des Verbrechens. Darum sind unsere Verbrecher, als Klasse, vom psychologischen Standpunkt aus völlig uninteressant. Sie sind keine erstaunlichen Charaktere wie Macbeth oder schrecklich wie Vautrin. Sie sind nur, was die gewöhnlichen achtbaren Spießbürger wären, wenn sie nicht genug zu essen hätten. |
Starvation, and not sin, is the parent of modern crime. That indeed is the reason why our criminals are, as a class, so absolutely uninteresting from any psychological point of view. They are not marvellous Macbeths and terrible Vautrins. They are merely what ordinary respectable, commonplace people would be if they had not got enough to eat. |
Mit der Abschaffung des Privateigentums wird die Grundlage des Verbrechens wegfallen, es wird nicht mehr nötig sein; es wird aufhören zu existieren. Natürlich sind nicht alle Verbrechen Vergehen gegen das Eigentum, obwohl das englische Gesetz diese Verbrechen am härtesten bestraft, da es das, was einer besitzt, höher bewertet als das, was einer ist (ausgenommen den Mord, wenn wir davon ausgehen, dass der Tod schlimmer sei als das Zuchthaus, eine Anschauung, der unsere Verbrecher wahrscheinlich nicht zustimmen werden). |
When private property is abolished there will be no necessity for crime, no demand for it; it will cease to exist. Of course, all crimes are not crimes against property, though such are the crimes that the English law, valuing what a man has more than what a man is, punishes with the harshest and most horrible severity (if we except the crime of murder, and regard death as worse than penal servitude, a point on which our criminals, I believe, disagree). |
Aber auch Verbrechen, die nicht gegen das Eigentum gerichtet sind, entspringen dem Elend, der Wut, der Erniedrigung, die allesamt unserem verfehlten System der Eigentumsverteilung geschuldet sind, und die verschwinden müssen, wenn dieses System abgeschafft ist. Wenn jedes Mitglied der Gesellschaft seine Bedürfnisse stillen kann und kein anderer es daran hindert, wer sollte dann ein Interesse verspüren, seine Mitmenschen zu behelligen? |
But though a crime may not be against property, it may spring from the misery and rage and depression produced by our wrong system of property-holding, and so, when that system is abolished, will disappear. When each member of the community has sufficient for his wants, and is not interfered with by his neighbour, it will not be an object of any interest to him to interfere with any one else. |
Die Eifersucht, ein starker Antrieb zum Verbrechen in unserer Zeit, ist eine Empfindung, die mit unserem Begriff von Eigentum aufs engste verknüpft ist und unter dem Sozialismus und Individualismus aussterben wird. Es ist bezeichnend, dass bei kommunistisch organisierten Stämmen die Eifersucht völlig unbekannt ist. |
Jealousy, which is an extraordinary source of crime in modern life, is an emotion closely bound up with our conceptions of property, and under Socialism and Individualism will die out. It is remarkable that in communistic tribes jealousy is entirely unknown. |
Nun, da der Staat nicht regieren soll, erhebt sich die Frage, welche Aufgabe ihm eigentlich zukommt. Der Staat soll ein unabhängiger Erzeuger und Verteiler lebensnotwendiger Waren sein. Sache des Staates ist es, das Nützliche zu schaffen. Sache des Individuums ist es, das Schöne hervorzubringen. Und da ich das Wort Arbeit ausgesprochen habe, möchte ich darauf hinweisen, wie viel Törichtes heutzutage über die Würde der Handarbeit geschrieben und gesagt wird. Handarbeit ist durchaus nicht etwas, das Würde verleiht, zumeist ist sie absolut erniedrigend. Irgend etwas zu tun, das man ohne Freude ausführt, ist geistig und moralisch verwerflich, und viele Arbeiten sind völlig freudlose Tätigkeiten und sollten auch als solche betrachtet werden. Eine schmutzige Straßenkreuzung während acht Stunden des Tages bei scharfem Ostwind zu fegen, ist eine widerliche Beschäftigung. Sie mit geistiger, moralischer oder körperlicher Würde zu fegen, scheint mir unmöglich. Sie mit Freude zu fegen, erscheint mir geradezu ungeheuerlich. Der Mensch ist für Besseres geschaffen, als Dreck aufzuwirbeln. Alle diese Arbeiten sollte eine Maschine ausführen. |
Now as the State is not to govern, it may be asked what the State is to do. The State is to be a voluntary association that will organise labour, and be the manufacturer and distributor of necessary commodities. The State is to make what is useful. The individual is to make what is beautiful. And as I have mentioned the word labour, I cannot help saying that a great deal of nonsense is being written and talked nowadays about the dignity of manual labour. There is nothing necessarily dignified about manual labour at all, and most of it is absolutely degrading. It is mentally and morally injurious to man to do anything in which he does not find pleasure, and many forms of labour are quite pleasureless activities, and should be regarded as such. To sweep a slushy crossing for eight hours on a day when the east wind is blowing is a disgusting occupation. To sweep it with mental, moral, or physical dignity seems to me to be impossible. To sweep it with joy would be appalling. Man is made for something better than disturbing dirt. All work of that kind should be done by a machine. |
Ich zweifle nicht, dass das einmal der Fall sein wird. Bislang ist der Mensch in gewissem Sinne der Sklave der Maschine gewesen, und es liegt etwas Tragisches in der Tatsache, dass er zu hungern begann, sobald er Maschinen erfand, die seine Arbeit verrichten. Dies ist jedoch nur das Ergebnis unserer Eigentumsordnung und unseres Wettbewerbssystems. Ein Einzelner ist Eigentümer einer Maschine, die die Arbeit von fünfhundert Menschen leistet. |
And I have no doubt that it will be so. Up to the present, man has been, to a certain extent, the slave of machinery, and there is something tragic in the fact that as soon as man had invented a machine to do his work he began to starve. This, however, is, of course, the result of our property system and our system of competition. One man owns a machine which does the work of five hundred men. |
Dadurch sind fünfhundert Menschen arbeitslos, und weil sie keine Beschäftigung haben, fallen sie dem Hunger und dem Diebstahl anheim. Der Einzelne sichert sich das Produkt der Maschine und behält es und besitzt fünfhundertmal mehr, als er besitzen sollte und wahrscheinlich, dies ist von noch größerer Bedeutung, sehr viel mehr, als er wirklich begehrt. Wäre diese Maschine das Eigentum aller, so würde jedermann Nutzen daraus ziehen. |
Five hundred men are, in consequence, thrown out of employment, and, having no work to do, become hungry and take to thieving. The one man secures the produce of the machine and keeps it, and has five hundred times as much as he should have, and probably, which is of much more importance, a great deal more than he really wants. Were that machine the property of all, everybody would benefit by it. |
Das wäre für die Gesellschaft von unermesslichem Vorteil. jede mechanische Arbeit, jede einförmige, stumpfsinnige Arbeit, jede Arbeit, die aus schrecklichen Verrichtungen besteht und unter unwürdigen Bedingungen ausgeführt wird, muss von Maschinen geleistet werden. Die Maschine soll für uns in den Kohlenbergwerken arbeiten und alle sanitären Dienstleistungen übernehmen, sie soll die Dampfer heizen, die Straßen säubern und bei schlechtem Wetter Botendienste ausführen und überhaupt alles tun, was langweilig und unangenehm ist. |
It would be an immense advantage to the community. All unintellectual labour, all monotonous, dull labour, all labour that deals with dreadful things, and involves unpleasant conditions, must be done by machinery. Machinery must work for us in coal mines, and do all sanitary services, and be the stoker of steamers, and clean the streets, and run messages on wet days, and do anything that is tedious or distressing. |
Gegenwärtig konkurriert die Maschine mit dem Menschen. Unter den richtigen Verhältnissen wird die Maschine dem Menschen dienen. Dies ist ohne Zweifel die Zukunft der Maschine; und so wie die Bäume wachsen, während der Landwirt schläft, so wird die Menschheit sich vergnügen oder sich der geistvollen Muße hingeben - denn Muße, nicht Arbeit ist das Ziel des Menschen -, oder sie wird schöne Dinge hervorbringen oder schöne Dinge lesen oder einfach die Welt mit Bewunderung und Entzücken betrachten, während die Maschine die notwendige, unangenehme Arbeit verrichtet. Es ist eine Tatsache, dass die Zivilisation Sklaven erfordert. |
At present machinery competes against man. Under proper conditions machinery will serve man. There is no doubt at all that this is the future of machinery; and just as trees grow while the country gentleman is asleep, so while Humanity will be amusing itself, or enjoying cultivated leisure -- which, and not labour, is the aim of man -- or making beautiful things, or reading beautiful things, or simply contemplating the world with admiration and delight, machinery will be doing all the necessary and unpleasant work. The fact is, that civilisation requires slaves. |
Darin hatten die Griechen ganz recht. Wenn nicht Sklaven die hässliche, unangenehme, uninteressante Arbeit ausführen, werden Kultur und Kontemplation beinah unmöglich sein. Menschliche Sklavenarbeit ist unrecht, inkonstant und demoralisierend. Von der Sklavenarbeit der Maschine, dem mechanischen Sklaventum, hängt die Zukunft der Welt ab. Und wenn Männer der Wissenschaft nicht mehr genötigt sein werden, in so deprimierende Gegenden wie East End zu gehen und schlechten Kakao und noch schlechtere Wolldecken an hungernde Menschen zu verteilen, werden sie die erquickliche Muße finden, schöne und ungewöhnliche Dinge zu ihrer eigenen Freude und zur Freude der ganzen Welt zu erfinden. |
The Greeks were quite right there. Unless there are slaves to do the ugly, horrible, uninteresting work, culture and contemplation become almost impossible. Human slavery is wrong, insecure, and demoralising. On mechanical slavery, on the slavery of the machine, the future of the world depends. And when scientific men are no longer called upon to go down to a depressing East End and distribute bad cocoa and worse blankets to starving people, they will have delightful leisure in which to devise wonderful and marvellous things for their own joy and the joy of every one else. |
Für jede Stadt wird man große Kräftereservoires errichten und wenn es nötig sein sollte, auch für jedes Haus, und diese Kräfte wird der Mensch in Wärme, Licht oder Bewegung umwandeln, je nach den Lebensnotwendigkeiten. Ist das utopisch? Eine Weltkarte, die das Land Utopia nicht enthielte, wäre nicht wert, dass man einen Blick darauf wirft, denn auf ihr fehlte das einzige Land, in dem die Menschheit immer landet. Und wenn die Menschheit dort gelandet ist, hält sie wieder Ausschau, und sieht sie ein schöneres Land vor sich, setzt sie die Segel. Fortschritt ist die Verwirklichung von Utopien. |
There will be great storages of force for every city, and for every house if required, and this force man will convert into heat, light, or motion, according to his needs. Is this Utopian? A map of the world that does not include Utopia is not worth even glancing at, for it leaves out the one country at which Humanity is always landing. And when Humanity lands there, it looks out, and, seeing a better country, sets sail. Progress is the realisation of Utopias. |
Ich habe also ausgeführt, dass die Gesellschaft durch die Organisation des Maschinenwesens die lebensnotwendigen Dinge herstellen wird und dass die schönen Dinge vom Individuum geschaffen werden. Das ist nicht nur unerlässlich, es ist der einzig mögliche Weg, auf dem wir beides zu erlangen vermögen. |
Now, I have said that the community by means of organisation of machinery will supply the useful things, and that the beautiful things will be made by the individual. This is not merely necessary, but it is the only possible way by which we can get either the one or the other. |
Ein Mensch, der für die Bedürfnisse anderer arbeitet und dabei ihre Ansprüche und Sehnsüchte berücksichtigen muss, wird seine Arbeit nicht mit Interesse durchführen und kann infolgedessen nicht das Beste in sein Werk legen. Wenn andererseits eine Gemeinschaft oder eine starke Minderheit dieser Gemeinschaft oder jedwede Regierung versucht, dem Künstler Vorschriften zu machen, so wird die Kunst aus seinem Werk vollkommen verschwinden, oder sie nimmt stereotype Formen an, oder sie degeneriert zu einer niedrigen, unedlen Form des Handwerks. |
An individual who has to make things for the use of others, and with reference to their wants and their wishes, does not work with interest, and consequently cannot put into his work what is best in him. Upon the other hand, whenever a community or a powerful section of a community, or a government of any kind, attempts to dictate to the artist what he is to do, Art either entirely vanishes, or becomes stereotyped, or degenerates into a low and ignoble form of craft. |
Ein Kunstwerk ist das unverwechselbare Ergebnis eines unverwechselbaren Temperaments. Seine Schönheit beruht auf der Tatsache, dass der Schöpfer ist, was er ist. Es hat nicht das mindeste damit zu tun, dass andere Menschen ganz andere Bedürfnisse haben. In der Tat, sobald der Künstler auf die Bedürfnisse der anderen zu achten beginnt und ihre Forderungen zu befriedigen sucht, hört er auf, Künstler zu sein und wird ein alberner oder amüsanter Handwerker, ein redlicher oder ein unredlicher Händler. |
A work of art is the unique result of a unique temperament. Its beauty comes from the fact that the author is what he is. It has nothing to do with the fact that other people want what they want. Indeed, the moment that an artist takes notice of what other people want, and tries to supply the demand, he ceases to be an artist, and becomes a dull or an amusing craftsman, an honest or a dishonest tradesman. |
Seinen Anspruch, als Künstler zu gelten, hat er verwirkt. Die Kunst ist die intensivste Form des Individualismus, die die Welt kennt. Ich bin versucht zu sagen, dass sie die einzige wirkliche Form des Individualismus ist, die die Welt je kannte. Das Verbrechen, von dem man meinen könnte, es habe unter gewissen Bedingungen den Individualismus hervorgebracht, muss mit anderen Menschen rechnen und sie in seine Handlungen einbeziehen. Es gehört dem Bereich des Handelns an. Der Künstler aber kann allein, ohne Rücksicht auf seine Mitmenschen, ohne ihr Dazwischentreten, etwas Schönes gestalten; und wenn er nicht einzig zu seiner eigenen Freude arbeitet, ist er überhaupt kein Künstler. |
He has no further claim to be considered as an artist. Art is the most intense mode of Individualism that the world has known. I am inclined to say that it is the only real mode of Individualism that the world has known. Crime, which, under certain conditions, may seem to have created Individualism, must take cognisance of other people and interfere with them. It belongs to the sphere of action. But alone, without any reference to his neighbours, without any interference, the artist can fashion a beautiful thing; and if he does not do it solely for his own pleasure, he is not an artist at all. |
Wir sollten uns die Tatsache vor Augen halten, dass es gerade diese gesteigerte Form des Individualismus ist, die die Öffentlichkeit zu dem Versuch anstachelt, über die Kunst eine ebenso unmoralische wie lächerliche und ebenso korrumpierende wie verächtliche Autorität zu üben. Das ist nicht allein ihre Schuld. Das Publikum ist immer und zu jeder Zeit schlecht erzogen gewesen. |
And it is to be noted that it is the fact that Art is this intense form of Individualism that makes the public try to exercise over it an authority that is as immoral as it is ridiculous, and as corrupting as it is contemptible. It is not quite their fault. The public has always, and in every age, been badly brought up. |
Es hat immer von der Kunst verlangt, dass sie volkstümlich sei, dass sie seiner Geschmacksvorstellung entspreche, dass sie seiner absurden Eitelkeit schmeichle und wiederkäut, was längst bekannt ist, ihm vorführt, wessen es längst müde sein sollte, es unterhält, wenn es sich nach dem üppigen Mahle beschwert fühlt, und es zerstreut, wenn es seiner eigenen Dummheit überdrüssig ist. Die Kunst sollte aber niemals versuchen, volkstümlich zu sein. Das Publikum sollte vielmehr versuchen, künstlerisch zu empfinden. Das ist ein sehr großer Unterschied. |
They are continually asking Art to be popular, to please their want of taste, to flatter their absurd vanity, to tell them what they have been told before, to show them what they ought to be tired of seeing, to amuse them when they feel heavy after eating too much, and to distract their thoughts when they are wearied of their own stupidity. Now Art should never try to be popular. The public should try to make itself artistic. There is a very wide difference. |
Wenn man einem Mann der Wissenschaft sagen würde, die Ergebnisse seiner Forschungen, die Schlussfolgerungen, zu denen er gelangt ist, müssten dergestalt sein, dass sie mit der gängigen Meinung des Publikums übereinstimmen, seine Vorurteile nicht stören oder die Gefühle von Leuten nicht verletzen, die nichts von der Wissenschaft verstehen; wenn man einem Philosophen zugestehen würde, dass er in den höchsten Gedankensphären spekuliert, vorausgesetzt, dass er zu denselben Schlussfolgerungen gelangt wie jene, die niemals in irgendeiner Sphäre nachgedacht haben, nun, der Mann der Wissenschaft und der Philosoph wären heutzutage darüber regelrecht erheitert. |
If a man of science were told that the results of his experiments, and the conclusions that he arrived at, should be of such a character that they would not upset the received popular notions on the subject, or disturb popular prejudice, or hurt the sensibilities of people who knew nothing about science; if a philosopher were told that he had a perfect right to speculate in the highest spheres of thought, provided that he arrived at the same conclusions as were held by those who had never thought in any sphere at all -- well, nowadays the man of science and the philosopher would be considerably amused. |
Und doch ist es nur wenige Jahre her, seit Philosophie und Wissenschaft einer brutalen öffentlichen Kontrolle unterworfen waren - genauer gesagt der Autorität der allgemeinen Unwissenheit der Gesellschaft oder dem Terror und der Machtgier einer geistlichen oder regierenden Klasse. |
Yet it is really a very few years since both philosophy and science were subjected to brutal popular control, to authority in fact -- the authority of either the general ignorance of the community, or the terror and greed for power of an ecclesiastical or governmental class. |
Natürlich sind wir jetzt in sehr großem Maße von jedem durch die Gesellschaft, die Kirche oder die Regierung geübten Versuch befreit, sich in den Individualismus des spekulativen Denkens einzumischen, aber der Versuch, sich in den Individualismus der schöpferischen Kunst einzumischen, dauert an. ja, weit schlimmer: er ist aggressiv, beleidigend und brutal. |
Of course, we have to a very great extent got rid of any attempt on the part of the community, or the Church, or the Government, to interfere with the individualism of speculative thought, but the attempt to interfere with the individualism of imaginative art still lingers. In fact, it does more than linger; it is aggressive, offensive, and brutalising. |
In England sind die Künste am wenigsten behelligt worden, für die sich das Publikum nicht interessiert. Die Dichtkunst ist ein Beispiel dafür. Wir konnten in England eine wundervolle Dichtkunst hervorbringen, weil das Publikum Dichtungen nicht liest und infolgedessen keinen Einfluss darauf nimmt. Das Publikum gefällt sich darin, die Dichter für ihre Individualität zu schmähen, aber nachdem es sie geschmäht hat, lässt es sie in Frieden. Was den Roman und das Drama betrifft, Kunstformen, an denen das Publikum Anteil nimmt, ist das Ergebnis der vom Volk geübten Autorität absolut lächerlich gewesen. Kein Land bringt so schlecht geschriebene Romane, eine so langweilige, gewöhnliche Art der erzählenden Prosa, so platte, vulgäre Theaterstücke hervor wie England. Das ist nicht verwunderlich. |
In England, the arts that have escaped best are the arts in which the public take no interest. Poetry is an instance of what I mean. We have been able to have fine poetry in England because the public do not read it, and consequently do not influence it. The public like to insult poets because they are individual, but once they have insulted them, they leave them alone. In the case of the novel and the drama, arts in which the public do take an interest, the result of the exercise of popular authority has been absolutely ridiculous. No country produces such badly written fiction, such tedious, common work in the novel form, such silly, vulgar plays as England. It must necessarily be so. |
Das Niveau des Volkstümlichen ist so geartet, dass kein Künstler es erreichen kann. Es ist zu leicht und zu schwer zugleich, ein populärer Romanschriftsteller zu sein. Es ist zu leicht, weil die Anforderungen des Publikums an die Handlung, den Stil und die Psychologie, an die Behandlung des Lebens und die Behandlung der Literatur, auch von der allergeringsten Begabung und dem allergewöhnlichsten Geist erfüllt werden können. |
The popular standard is of such a character that no artist can get to it. It is at once too easy and too difficult to be a popular novelist. It is too easy, because the requirements of the public as far as plot, style, psychology, treatment of life, and treatment of literature are concerned are within the reach of the very meanest capacity and the most uncultivated mind. |
Es ist zu schwer, weil der Künstler, um solchen Wünschen zu genügen, seinem Temperament Gewalt antun müsste, er könnte nicht mehr aus der artistischen Freude am Schreiben arbeiten, sondern nur zur Zerstreuung halbgebildeter Leute und müsste so seinen Individualismus unterdrücken, seine Kultur vergessen, seinen Stil zerstören und alles Wertvolle in sich aufgeben. |
It is too difficult, because to meet such requirements the artist would have to do violence to his temperament, would have to write not for the artistic joy of writing, but for the amusement of half-educated people, and so would have to suppress his individualism, forget his culture, annihilate his style, and surrender everything that is valuable in him. |
Im Drama liegen die Dinge etwas günstiger: das Theaterpublikum liebt das Sinnfällige, aber das Langweilige mag es nicht; und Burleske und Farce, diese beiden volkstümlichen Gattungen sind echte Kunstformen. Mit den Mitteln der Burleske und der Farce können sehr schöne Werke entstehen. Bei Werken dieser Art genießt der Künstler in England sehr große Freiheit. Erst in den höheren Formen des Dramas wirkt sich die Kontrolle des Publikums aus. |
In the case of the drama, things are a little better: the theatre-going public like the obvious, it is true, but they do not like the tedious; and burlesque and farcical comedy, the two most popular forms, are distinct forms of art. Delightful work may be produced under burlesque and farcical conditions, and in work of this kind the artist in England is allowed very great freedom. It is when one comes to the higher forms of the drama that the result of popular control is seen. |
Es gibt nichts, was das Publikum so verabscheut wie Neuheit. Jeder Versuch, den Themenkreis der Kunst zu er-weitern, ist dem Publikum äußerst verhasst; und doch beruhen die Lebensfähigkeit und die Entwicklung der Kunst in weitem Maße auf einer ununterbrochenen Ausdehnung des Themenkreises. Das Publikum verabscheut das Neue, weil es sich davor fürchtet. Das Publikum sieht darin eine Form des Individualismus, eine Betonung von seiten des Künstlers, dass er sich seinen eigenen Stoff wählt und ihn nach seiner Vorstellung behandelt. Das Publikum hat ganz recht mit seiner Haltung. Kunst ist Individualismus, und Individualismus ist eine aufrührerische, desintegrierende Macht. Darin liegt sein unschätzbarer Wert. Denn was der Individualismus aufzustören versucht, das ist die Eintönigkeit des Typischen, die Sklaverei des Hergebrachten, die Tyrannis der Gewohnheit, die Herabsetzung des Menschen auf das Niveau einer Maschine. |
The one thing that the public dislike is novelty. Any attempt to extend the subject-matter of art is extremely distasteful to the public; and yet the vitality and progress of art depend in a large measure on the continual extension of subject-matter. The public dislike novelty because they are afraid of it. It represents to them a mode of Individualism, an assertion on the part of the artist that he selects his own subject, and treats it as he chooses. The public are quite right in their attitude. Art is Individualism, and Individualism is a disturbing and disintegrating force. Therein lies its immense value. For what it seeks to disturb is monotony of type, slavery of custom, tyranny of habit, and the reduction of man to the level of a machine. |
In der Kunst lässt das Publikum das Vergangene gelten, weil es nicht mehr zu ändern ist, und keinesfalls weil man es schätzt. Es verschluckt seine Klassiker im Ganzen, ohne jemals auf den Geschmack zu kommen. Es lässt sie als etwas Unvermeidliches über sich ergehen, und da es sie nicht verderben kann, schwätzt es über sie. Seltsamerweise oder auch nicht, je nach dem Standpunkt, richtet dieses Hinnehmen der Klassiker sehr viel Schaden an. Die unkritische Bewunderung für die Bibel und Shakespeare in England sind Beispiele dafür. |
In Art, the public accept what has been, because they cannot alter it, not because they appreciate it. They swallow their classics whole, and never taste them. They endure them as the inevitable, and as they cannot mar them, they mouth about them. Strangely enough, or not strangely, according to one's own views, this acceptance of the classics does a great deal of harm. The uncritical admiration of the Bible and Shakespeare in England is an instance of what I mean. |
Was die Bibel betrifft, kommen noch Erwägungen über die kirchliche Autorität hinzu, so dass ich bei diesem Punkt nicht zu verweilen brauche. |
With regard to the Bible, considerations of ecclesiastical authority enter into the matter, so that I need not dwell upon the point. |
Im Falle Shakespeares ist es ganz deutlich, dass das Publikum weder die Schönheiten noch die Mängel seiner Stücke erkennt. Würden die Leute seine Schönheit erkennen, könnten sie sich nicht gegen die Entwicklung des Dramas sperren; und würden sie seine Mängel erkennen, so könnten sie sich gleichfalls nicht gegen die Entwicklung des Dramas sperren. In der Tat benutzen die Leute die Klassiker eines Landes als Mittel, um die Entwicklung der Kunst aufzuhalten. Sie degradieren die Klassiker zu Autoritäten. Sie benutzen sie als Knüppel, um den freien Ausdruck der Schönheit in neuen Formen zu verhindern. |
But in the case of Shakespeare it is quite obvious that the public really see neither the beauties nor the defects of his plays. If they saw the beauties, they would not object to the development of the drama; and if they saw the defects, they would not object to the development of the drama either. The fact is, the public make use of the classics of a country as a means of checking the progress of Art. They degrade the classics into authorities. They use them as bludgeons for preventing the free expression of Beauty in new forms. |
Sie fragen den Schriftsteller immer, warum er nicht schreibt wie irgendein anderer, oder den Maler, warum er nicht wie ein anderer malt, wobei sie vergessen, dass jeder von ihnen, wenn er etwas Derartiges versuchte, aufhören würde, Künstler zu sein. Eine neue Art der Schönheit ist ihnen absolut verhasst, und sooft sie ihr begegnen, geraten sie in solche Wut und Verwirrung, dass sie stets zwei törichte Ausdrücke bereit haben - den einen, dass das Kunstwerk ganz und gar unverständlich, den anderen, dass das Kunstwerk ganz und gar amoralisch sei. |
They are always asking a writer why he does not write like somebody else, or a painter why he does not paint like somebody else, quite oblivious of the fact that if either of them did anything of the kind he would cease to be an artist. A fresh mode of Beauty is absolutely distasteful to them, and whenever it appears they get so angry and bewildered that they always use two stupid expressions -- one is that the work of art is grossly unintelligible; the other, that the work of art is grossly immoral. |
Sie scheinen damit folgendes ausdrücken zu wollen. Wenn sie sagen, ein Werk sei völlig unverständlich, so meinen sie damit, der Künstler habe etwas Schönes geschaffen, das neu ist; wenn sie ein Werk als ganz und gar amoralisch bezeichnen, so meinen sie damit, der Künstler hat etwas Schönes gesagt oder geschaffen, das wahr ist. Die erste Bezeichnung gilt dem Stil; die zweite dem Stoff. Aber wahrscheinlich bedienen sie sich dieser Worte in einem sehr ungenauen Sinne, wie sich der Mob fertiger Pflastersteine bedient. |
What they mean by these words seems to me to be this. When they say a work is grossly unintelligible, they mean that the artist has said or made a beautiful thing that is new; when they describe a work as grossly immoral, they mean that the artist has said or made a beautiful thing that is true. The former expression has reference to style; the latter to subject-matter. But they probably use the words very vaguely, as an ordinary mob will use ready-made paving-stones. |
Beispielsweise gibt es keinen einzigen wirklichen Dichter oder Prosaschriftsteller in diesem Jahrhundert, dem das britische Publikum nicht feierlich das Diplom der Amoral verliehen hätte, |
There is not a single real poet or prose-writer of this century, for instance, on whom the British public have not solemnly conferred diplomas of immorality, |
und diese Diplome treten bei uns praktisch an die Stelle einer formalen Aufnahme in eine Dichterakademie wie in Frankreich und machen erfreulicherweise eine solche Einrichtung in England ganz überflüssig. |
and these diplomas practically take the place, with us, of what in France is the formal recognition of an Academy of Letters, and fortunately make the establishment of such an institution quite unnecessary in England. |
Natürlich geht das Publikum sehr bedenkenlos mit diesem Wort um. Dass es Wordsworth einen amoralischen Dichter nennen würde, war zu erwarten. Wordsworth war ein Dichter; aber dass es Charles Kingsley einen amoralischen Romanschriftsteller nennen würde, ist erstaunlich. Kingsleys Prosa ist nicht besonders schön. Aber sie haben nun einmal diesen Begriff und wenden ihn an so gut sie können. Der Künstler lässt sich natürlich nicht davon beirren. Ein wirklicher Künstler glaubt an sich, weil er ganz und gar er selbst ist. |
Of course, the public are very reckless in their use of the word. That they should have called Wordsworth an immoral poet, was only to be expected. Wordsworth was a poet. But that they should have called Charles Kingsley an immoral novelist is extraordinary. Kingsley's prose was not of a very fine quality. Still, there is the word, and they use it as best they can. An artist is, of course, not disturbed by it. The true artist is a man who believes absolutely in himself, because he is absolutely himself. |
Doch kann ich mir vorstellen, dass ein Künstler in England, der ein Kunstwerk hervorbrächte, das sogleich bei seinem Erscheinen vom Publikum durch dessen Medium, die öffentliche Presse, als ein ganz verständliches und höchst moralisches Werk anerkannt wird, anfangen würde ernsthaft zu zweifeln, ob er sich in seiner Schöpfung wirklich selbst ausgedrückt habe und ob darum dieses Werk seiner nicht ganz unwürdig und entweder absolut zweitrangig sei oder überhaupt keinen künstlerischen Wert besäße. |
But I can fancy that if an artist produced a work of art in England that immediately on its appearance was recognized by the public, through their medium, which is the public Press, as a work that was quite intelligible and highly moral, he would begin seriously to question whether in its creation he had really been himself at all, and consequently whether the work was not quite unworthy of him, and either of a thoroughly second-rate order, or of no artistic value whatsoever. |
Vielleicht habe ich jedoch dem Publikum unrecht getan, wenn ich es auf die Worte "amoralisch", "unverständlich", "exotisch" und "ungesund" beschränke. Es gibt noch ein anderes Wort, das man gern gebraucht, es ist das Wort "morbid". Man gebraucht es nicht allzu häufig. Die Bedeutung des Wortes ist so einfach, dass man es nur zögernd anwendet. Und doch wird es manchmal benützt, und hin und wieder begegnet man ihm in weitverbreiteten Zeitungen. Selbstverständlich wirkt das Wort, auf ein Kunstwerk angewandt, lächerlich. Denn ist Krankhaftigkeit etwas anderes als eine Gefühlsstimmung oder ein Gedankenzustand, den man nicht auszudrücken vermag? |
Perhaps, however, I have wronged the public in limiting them to such words as 'immoral,' 'unintelligible,' 'exotic,' and 'unhealthy.' There is one other word that they use. That word is 'morbid.' They do not use it often. The meaning of the word is so simple that they are afraid of using it. Still, they use it sometimes, and, now and then, one comes across it in popular newspapers. It is, of course, a ridiculous word to apply to a work of art. For what is morbidity but a mood of emotion or a mode of thought that one cannot express? |
Das Publikum ist durch und durch krankhaft, denn das Publikum findet für nichts einen Ausdruck. Der Künstler ist niemals krankhaft. Er drückt alles aus. Er steht außerhalb seines Gegenstandes und bringt durch ihn unvergleichliche und künstlerische Wirkungen hervor. Einen Künstler morbide zu nennen, weil er sich die Krankhaftigkeit zum Thema nimmt, ist so albern, wie wenn man Shakespeare wahnsinnig nennen würde, weil er den König Lear geschrieben hat. |
The public are all morbid, because the public can never find expression for anything. The artist is never morbid. He expresses everything. He stands outside his subject, and through its medium produces incomparable and artistic effects. To call an artist morbid because he deals with morbidity as his subject-matter is as silly as if one called Shakespeare mad because he wrote King Lear. |
Im ganzen gewinnt ein Künstler in England dadurch, dass er angegriffen wird. Seine Individualität wird gesteigert. Er wird mehr er selbst. Freilich sind die Angriffe sehr massiv, sehr unverschämt und sehr verächtlich. Aber schließlich erwartet kein Künstler Anmut von einer niedrigen Gesinnung oder Stil von einer Vorstadtintelligenz. Vulgarität und Dummheit sind zwei äußerst lebendige Tatsachen im Leben von heute. Man bedauert das natürlich. Aber sie sind nun einmal da. Sie sind Studienobjekte, wie alles andere auch. Und der Gerechtigkeit halber muss man anerkennen, dass die modernen Journalisten sich stets, wenn man ihnen privat begegnet, dafür entschuldigen, was sie öffentlich gegen einen geschrieben haben. |
On the whole, an artist in England gains something by being attacked. His individuality is intensified. He becomes more completely himself. Of course, the attacks are very gross, very impertinent, and very contemptible. But then no artist expects grace from the vulgar mind, or style from the suburban intellect. Vulgarity and stupidity are two very vivid facts in modern life. One regrets them, naturally. But there they are. They are subjects for study, like everything else. And it is only fair to state, with regard to modern journalists, that they always apologise to one in private for what they have written against one in public. |
Es sei vielleicht erwähnt, dass der sehr begrenzte Wortschatz, der dem Publikum im Bereich der Kunstschmähungen zur Verfügung steht, in den letzten Jahren um zwei neue Adjektive bereichert wurde. Das eine Wort ist "ungesund", das andere "exotisch". Das zweite Wort drückt nichts als die Wut des kurzlebigen Pilzes gegen die unsterbliche, zauberhafte, unvergleichlich schöne Orchidee aus. Es ist eine Achtungsbezeugung, aber eine Achtungsbezeugung ohne Bedeutung. Das Wort "ungesund" jedoch lässt eine Analyse zu. Es ist ein ziemlich aufschlussreiches Wort. Es ist wirklich so aufschlussreich, dass die Leute, die es gebrauchen, seinen Sinn nicht verstehen. |
Within the last few years two other adjectives, it may be mentioned, have been added to the very limited vocabulary of art-abuse that is at the disposal of the public. One is the word 'unhealthy,' the other is the word 'exotic.' The latter merely expresses the rage of the momentary mushroom against the immortal, entrancing, and exquisitely lovely orchid. It is a tribute, but a tribute of no importance. The word 'unhealthy,' however, admits of analysis. It is a rather interesting word. In fact, it is so interesting that the people who use it do not know what it means. |
Was bedeutet es? Was ist ein gesundes oder ein ungesundes Kunstwerk? |
What does it mean? What is a healthy or an unhealthy work of art? |
Alle Begriffe, die man auf ein Kunstwerk anwendet, vorausgesetzt, dass man sie vernünftig anwendet, beziehen sich auf seinen Stil oder seinen Stoff oder auf beides. Was den Stil betrifft, so ist jenes ein gesundes Kunstwerk, dessen Stil der Schönheit des angewandten Materials gerecht wird, mag dieses Material aus Worten oder aus Bronze, aus Farbe oder Elfenbein bestehen, und das diese Schönheit als Element der ästhetischen Wirkung benutzt. Was den Stoff betrifft, so ist ein gesundes Kunstwerk jenes, dessen Wahl des Stoffes vom Temperament des Künstlers bestimmt wird und unmittelbar daraus hervorgeht. Mit einem Wort, ein gesundes Kunstwerk ist dasjenige, das Vollkommenheit und Persönlichkeit in sich vereinigt. |
All terms that one applies to a work of art, provided that one applies them rationally, have reference to either its style or its subject, or to both together. From the point of view of style, a healthy work of art is one whose style recognises the beauty of the material it employs, be that material one of words or of bronze, of colour or of ivory, and uses that beauty as a factor in producing the ?sthetic effect. From the point of view of subject, a healthy work of art is one the choice of whose subject is conditioned by the temperament of the artist, and comes directly out of it. |
Natürlich können Form und Inhalt in einem Kunstwerk nicht getrennt werden; sie bilden immer eine Einheit. Aber zum Zwecke der Analyse verzichten wir einen Augenblick lang auf die Ganzheit des ästhetischen Eindrucks und trennen die beiden Begriffe. Dagegen handelt es sich um ein ungesundes Kunstwerk, wenn dessen Stil platt, altmodisch und gewöhnlich ist und dessen Stoff mit Vorbedacht gewählt wurde, nicht weil der Künstler irgendwelche Freude daran findet, sondern weil er denkt, dass ihn das Publikum dafür bezahlen wird. In der Tat ist der volkstümliche Roman, den das Publikum gesund nennt, immer ein äußerst ungesundes Gebilde; und was das Publikum als ungesunden Roman bezeichnet, ist immer ein schönes und gesundes Kunstwerk. |
In fine, a healthy work of art is one that has both perfection and personality. Of course, form and substance cannot be separated in a work of art; they are always one. But for purposes of analysis, and setting the wholeness of ?sthetic impression aside for a moment, we can intellectually so separate them. An unhealthy work of art, on the other hand, is a work whose style is obvious, old-fashioned, and common, and whose subject is deliberately chosen, not because the artist has any pleasure in it, but because he thinks that the public will pay him for it. In fact, the popular novel that the public call healthy is always a thoroughly unhealthy production; and what the public call an unhealthy novel is always a beautiful and healthy work of art. |
Ich brauche kaum zu betonen, dass ich keinen Augenblick lang den Missbrauch dieser Worte durch das Publikum und die öffentliche Presse bedaure. Ich wüsste nicht, wie sie bei ihrem Mangel an Einsicht in das Wesen der Kunst die Worte in ihrem richtigen Sinn anwenden könnten. Ich stelle lediglich den Missbrauch fest; und die Erklärung für den Ursprung des Missbrauchs und die ihm zugrunde liegende Bedeutung ist sehr einfach. |
I need hardly say that I am not, for a single moment, complaining that the public and the public press misuse these words. I do not see how, with their lack of comprehension of what Art is, they could possibly use them in the proper sense. I am merely pointing out the misuse; and as for the origin of the misuse and the meaning that lies behind it all, the explanation is very simple. |
Er wurzelt in der barbarischen Konzeption der Autorität. Er rührt her von dem natürlichen Unvermögen einer durch die Autorität verdorbenen Gesellschaft, den Individualismus zu verstehen oder zu würdigen. Mit einem Wort, es rührt von dem monströsen und unwissenden Wesen her, das man die öffentliche Meinung nennt, die schlimm und wohlmeinend ist, wenn sie das Handeln zu kontrollieren versucht, die infam und übelmeinend wird, wenn sie versucht, das Denken oder die Kunst zu kontrollieren. |
It comes from the barbarous conception of authority. It comes from the natural inability of a community corrupted by authority to understand or appreciate Individualism. In a word, it comes from that monstrous and ignorant thing that is called Public Opinion, which, bad and well-meaning as it is when it tries to control action, is infamous and of evil meaning when it tries to control Thought or Art. |
In der Tat, es lässt sich zugunsten der physischen Kraft der Öffentlichkeit viel mehr vorbringen als zugunsten ihrer Meinung. Jene mag schön sein. Diese aber ist unweigerlich absurd. Man behauptet oft, Kraft sei kein Argument. Das hängt jedoch vollkommen davon ab, was man beweisen will. Viele von den wichtigsten Problemen der letzten Jahrhunderte, wie beispielsweise die Fortdauer der persönlichen Herrschaft in England oder des Feudalismus in Frankreich sind ausschließlich mit Hilfe physischer Kraft gelöst worden. |
Indeed, there is much more to be said in favour of the physical force of the public than there is in favour of the public's opinion. The former may be fine. The latter must be foolish. It is often said that force is no argument. That, however, entirely depends on what one wants to prove. Many of the most important problems of the last few centuries, such as the continuance of personal government in England, or of feudalism in France, have been solved entirely by means of physical force. |
Gerade die Gewalttätigkeit einer Revolution kann das Volk für einen Augenblick groß und herrlich erscheinen lassen. Es war eine böse Stunde, als das Volk entdeckte, dass die Feder mächtiger ist als der Pflasterstein und eine wirksamere Waffe als der Ziegel. Sogleich suchte man sich den Journalisten, fand ihn, erzog ihn und machte ihn zu seinem gut bezahlten Sklaven. Das ist beiden Teilen zum Nachteil geraten. |
The very violence of a revolution may make the public grand and splendid for a moment. It was a fatal day when the public discovered that the pen is mightier than the paving-stone, and can be made as offensive as the brickbat. They at once sought for the journalist, found him, developed him, and made him their industrious and well-paid servant. It is greatly to be regretted, for both their sakes. |
Hinter der Barrikade mag vieles Vornehme und Heroische stehen. Aber was steht hinter einem Leitartikel anderes als Vorurteil, Dummheit, Verblasenheit und Geschwätz? Und wenn diese vier zusammentreffen, bilden sie eine furchtbare Kraft und konstituieren die neue Autorität. |
Behind the barricade there may be much that is noble and heroic. But what is there behind the leading-article but prejudice, stupidity, cant, and twaddle? And when these four are joined together they make a terrible force, and constitute the new authority. |
In früheren Zeiten bediente man sich der Folter. Heutzutage bedient man sich der Presse. Das ist gewiss ein Fortschritt. Aber es ist noch immer schlimm genug und unrecht und demoralisierend. jemand - war es Burke? - nannte den Journalismus den vierten Stand. Das war seinerzeit zweifellos richtig. Gegenwärtig ist er jedoch wirklich der einzige Stand. Er hat die drei anderen geschluckt. Die weltlichen Herren sagen nichts, die geistlichen Herren haben nichts zu sagen und das Unterhaus hat nichts zu sagen und sagt trotzdem etwas. Wir werden vom Journalismus beherrscht. |
In old days men had the rack. Now they have the Press. That is an improvement certainly. But still it is very bad, and wrong, and demoralising. Somebody -- was it Burke? -- called journalism the fourth estate. That was true at the time, no doubt. But at the present moment it really is the only estate. It has eaten up the other three. The Lords Temporal say nothing, the Lords Spiritual have nothing to say, and the House of Commons has nothing to say and says it. We are dominated by Journalism. |
In Amerika regiert der Präsident vier Jahre, und der Journalismus herrscht unbegrenzt. Zum Glück hat der Journalismus in Amerika seine Autorität ins plumpeste und brutalste Extrem getrieben. Als natürliche Folge hat er den Geist der Empörung hervorgerufen. |
In America the President reigns for four years, and Journalism governs for ever and ever. Fortunately, in America, Journalism has carried its authority to the grossest and most brutal extreme. As a natural consequence it has begun to create a spirit of revolt. |
Man macht sich über ihn lustig oder ist angeekelt, je nach Temperament. Aber er hat nicht mehr die Wirksamkeit, die er früher besaß. Er wird nicht ernst genommen. In England, wo der Journalismus mit Ausnahmen einiger bekannter Fälle in ähnliche Exzesse der Brutalität verfiel, bildet er immer noch einen wichtigen Faktor, eine echte, nicht zu unterschätzende Macht. Die Anmaßung, mit der er seine Tyrannis über das Privatleben der Leute ausübt, erscheint mir ganz außerordentlich. Wahr ist, dass das Publikum von unstillbarer Neugier erfüllt ist, alles zu wissen, außer dem, was wirklich wissenswert ist. Der Journalismus, dessen bewusst, erfüllt in seinem wachen Geschäftssinn dieses Verlangen. |
People are amused by it, or disgusted by it, according to their temperaments. But it is no longer the real force it was. It is not seriously treated. In England, Journalism, except in a few well-known instances, not having been carried to such excesses of brutality, is still a great factor, a really remarkable power. The tyranny that it proposes to exercise over people's private lives seems to me to be quite extraordinary. The fact is that the public have an insatiable curiosity to know everything, except what is worth knowing. Journalism, conscious of this, and having tradesman-like habits, supplies their demands. |
In früheren Jahrhunderten nagelte man die Ohren der Journalisten an Pumpen. Das war sehr grausam. In diesem Jahrhundert haben die Journalisten ihre eigenen Ohren an die Schlüssellöcher genagelt. Das ist weit schlimmer. Und was noch ärger ist, die Journalisten, die den schwersten Tadel verdienen, sind nicht etwa die unterhaltenden Zeitungsschreiber, die für die sogenannten Gesellschaftsblätter schreiben. |
In centuries before ours the public nailed the ears of journalists to the pump. That was quite hideous. In this century journalists have nailed their own ears to the keyhole. That is much worse. And what aggravates the mischief is that the journalists who are most to blame are not the amusing journalists who write for what are called Society papers. |
Das Unheil wird von den seriösen, nachdenklichen, würdigen Journalisten angerichtet, die heutzutage feierlich irgendein Ereignis aus dem Privatleben eines bedeutenden Staatsmannes vor die Augen der Öffentlichkeit zerren; eines Mannes, der Führer einer politischen Gedankenrichtung ist und somit politische Macht begründet; das Publikum wird eingeladen, den Vorfall zu diskutieren, sich ein Urteil darüber anzumaßen, seine Meinung darüber abzugeben und nicht nur seine Meinung abzugeben, sondern diese auch noch zu verwirklichen, dem Mann in allen anderen Punkten Vorschriften zu machen, seiner Partei Vorschriften zu machen, seinem Lande Vorschriften zu machen; kurz gesagt, sich als lächerlich, beleidigend und schädlich zu erweisen. Über das Privatleben eines Mannes oder einer Frau sollte das Publikum nichts erfahren. Das Publikum hat überhaupt nichts damit zu tun. |
The harm is done by the serious, thoughtful, earnest journalists, who solemnly, as they are doing at present, will drag before the eyes of the public some incident in the private life of a great statesman, of a man who is a leader of political thought as he is a creator of political force, and invite the public to discuss the incident, to exercise authority in the matter, to give their views: and not merely to give their views, but to carry them into action, to dictate to the man upon all other points, to dictate to his party, to dictate to his country; in fact, to make themselves ridiculous, offensive, and harmful. The private lives of men and women should not be told to the public. The public have nothing to do with them at all. |
In Frankreich verhält man sich solchen Dingen gegenüber klüger. Dort gestattet man nicht, dass Einzelheiten aus Ehescheidungsprozessen veröffentlicht und dem Publikum zur Unterhaltung und Kritik vorgelegt werden. Das Publikum erfährt nur, dass die Scheidung ausgesprochen wurde und auf Verlangen des einen oder anderen Ehepartners eingereicht war. In Frankreich sind dem Journalisten Grenzen gesetzt, dafür gewährt man dem Künstler nahezu absolute Freiheit. Hier gewähren wir dem Journalisten absolute Freiheit und beschränken den Künstler ganz und gar. |
In France they manage these things better. There they do not allow the details of the trials that take place in the divorce courts to be published for the amusement or criticism of the public. All that the public are allowed to know is that the divorce has taken place and was granted on petition of one or other or both of the married parties concerned. In France, in fact, they limit the journalist, and allow the artist almost perfect freedom. Here we allow absolute freedom to the journalist, and entirely limit the artist. |
Die öffentliche Meinung in England, darüber können wir nicht hinwegsehen, versucht denjenigen, der der Schöpfer schöner Dinge ist, zu fesseln, zu behindern, zu unterdrücken, und sie zwingt den Journalisten, hässliche, geschmacklose oder empörende Dinge zu berichten, so dass wir die seriösesten Journalisten und die schamlosesten Zeitungen der Welt besitzen. Es ist nicht übertrieben, von einem Zwang zu sprechen. Vielleicht gibt es ein paar Journalisten, denen es ein echtes Vergnügen bereitet, von widerlichen Dingen zu berichten, oder die aus Armut hinter Skandalen herjagen, als einer Art Grundlage, die ihnen ein dauerndes Einkommen garantiert. |
English public opinion, that is to say, tries to constrain and impede and warp the man who makes things that are beautiful in effect, and compels the journalist to retail things that are ugly, or disgusting, or revolting in fact, so that we have the most serious journalists in the world and the most indecent newspapers. It is no exaggeration to talk of compulsion. There are possibly some journalists who take a real pleasure in publishing horrible things, or who, being poor, look to scandals as forming a sort of permanent basis for an income. |
Aber ich bin sicher, dass es auch andere Journalisten gibt, Männer von Erziehung und Bildung, die diese Sachen nur widerwillig veröffentlichen, die das Falsche ihrer Handlungsweise einsehen und nur deshalb so handeln, weil die ungesunden Verhältnisse, unter denen sie ihren Beruf ausüben, sie zwingen, die Wünsche des Publikums zu erfüllen und sich dabei dem allergewöhnlichsten Geschmack anzupassen, um mit anderen Journalisten zu konkurrieren. Sich in einer solchen Lage zu befinden, ist für jeden kultivierten Menschen äußerst erniedrigend, und ich bezweifle nicht, dass die meisten dies bitter empfinden. |
But there are other journalists, I feel certain, men of education and cultivation, who really dislike publishing these things, who know that it is wrong to do so, and only do it because the unhealthy conditions under which their occupation is carried on, oblige them to supply the public with what the public wants, and to compete with other journalists in making that supply as full and satisfying to the gross popular appetite as possible. It is a very degrading position for any body of educated men to be placed in, and I have no doubt that most of them feel it acutely. |
Aber wenden wir uns nunmehr von dieser besonders hässlichen Seite des Gegenstandes ab und kehren zurück zur Frage der öffentlichen Kontrolle über die Kunst, womit ich sagen will, dass die öffentliche Meinung dem Künstler vorschreibt, welcher Form er sich bedienen soll und in welcher Art und Weise und welches Material er auswählen müsse. Ich habe ausgeführt, dass in England diejenigen Künste am freiesten geblieben sind, an denen das Publikum keinen Anteil nahm. |
However, let us leave what is really a very sordid side of the subject, and return to the question of popular control in the matter of Art, by which I mean Public Opinion dictating to the artist the form which he is to use, the mode in which he is to use it, and the materials with which he is to work. I have pointed out that the arts which had escaped best in England are the arts in which the public have not been interested. |
Es interessiert sich jedoch für das Drama, und da im Drama während der letzten zehn oder fünfzehn Jahre ein gewisser Fortschritt zu verzeichnen war, muss man unbedingt hervorheben, dass dieser Fortschritt ausschließlich ein paar individuellen Künstlern zu danken ist, die es abgelehnt haben, sich dem Publikumsgeschmack anzupassen und es ebenfalls abgelehnt haben, die Kunst als einen bloßen Gegenstand von Angebot und Nachfrage zu betrachten. Hätte er nichts anderes im Sinne gehabt, als die Wünsche des Publikums zu befriedigen, so hätte Irving, dank seiner wundervollen und lebendigen Persönlichkeit, seinem unverwechselbaren Stil und seiner außerordentlichen Gabe nicht nur zu nachahmenden, sondern zu phantasievollen und geistreichen Schöpfungen, die allergewöhnlichsten Stücke in der allergewöhnlichsten Manier schreiben und so viel Geld und Erfolg damit verdienen können, wie er nur wollte. |
They are, however, interested in the drama, and as a certain advance has been made in the drama within the last ten or fifteen years it is important to point out that this advance is entirely due to a few individual artists refusing to accept the popular want of taste as their standard, and refusing to regard Art as a mere matter of demand and supply. With his marvellous and vivid personality, with a style that has really a true colour-element in it, with his extraordinary power, not over mere mimicry but over imaginative and intellectual creation, Mr. Irving, had his sole object been to give the public what they wanted, could have produced the commonest plays in the commonest manner, and made as much success and money as a man could possibly desire. |
Aber das war nicht sein Ziel. Sein Ziel war, seine Vollendung als Künstler unter bestimmten Voraussetzungen und in bestimmten Kunstformen zu verwirklichen. |
But his object was not that. His object was to realise his own perfection as an artist, under certain conditions and in certain forms of Art. |
Zuerst hat er sich an die wenigen gewandt: jetzt hat er die vielen erzogen. Er hat im Publikum sowohl Geschmack als auch Temperament erweckt. Das Publikum weiß seinen Erfolg außerordentlich zu schätzen. Trotzdem frage ich mich oft, ob die Leute verstehen, dass dieser Erfolg nur der Tatsache zuzuschreiben ist, dass er sich niemals ihrem Maßstab unterwarf, sondern seinen eigenen Vorstellungen folgte. |
At first he appealed to the few: now he has educated the many. He has created in the public both taste and temperament. The public appreciate his artistic success immensely. I often wonder, however, whether the public understand that that success is entirely due to the fact that he did not accept their standard, but realised his own. |
Hätte er ihr Niveau akzeptiert, so wäre das Lyceum-Theater eine zweitrangige Schmierenbühne geworden, wie es gegenwärtig einige volkstümliche Theater in London sind. Ob die Leute es begreifen oder nicht, die Tatsache bleibt bestehen, dass Geschmack und Temperament bis zu einem gewissen Grade im Publikum geweckt worden sind und dass das Publikum fähig ist, diese Eigenschaften zu entwickeln. Daraus entsteht die Frage, warum das Publikum nicht zivilisierter wird. Die Fähigkeit dazu ist vorhanden. Wodurch wird es gehindert? |
With their standard the Lyceum would have been a sort of second-rate booth, as some of the popular theatres in London are at present. Whether they understand it or not, the fact however remains, that taste and temperament have, to a certain extent, been created in the public, and that the public is capable of developing these qualities. The problem then is, why do not the public become more civilised? They have the capacity. What stops them? |
Was das Publikum hindert, es muss nochmals betont werden, ist sein Verlangen, Autorität über den Künstler und über Kunstwerke auszuüben. In bestimmte Theater, wie das Lyceum und das Haymarket, kommt das Publikum anscheinend in der richtigen Stimmung. In beiden Theatern waren es individuelle Künstler, denen es gelang, in ihren Zuschauern - und jedes Londoner Theater hat sein eigenes Publikum - den Gemütszustand zu erwecken, an den sich die Kunst wendet. Und was ist das für ein Gemütszustand? Es ist der Zustand der Empfänglichkeit. Das ist alles. |
The thing that stops them, it must be said again, is their desire to exercise authority over the artists and over works of art. To certain theatres, such as the Lyceum and the Haymarket, the public seem to come in a proper mood. In both of these theatres there have been individual artists, who have succeeded in creating in their audiences -- and every theatre in London has its own audience -- the temperament to which Art appeals. And what is that temperament? It is the temperament of receptivity. That is all. |
Wenn ein Mensch sich einem Kunstwerk nähert mit dem Verlangen, über das Werk und den Künstler Autorität auszuüben, dann nähert er sich ihm in einem bestimmten geistigen Zustand, der jeden künstlerischen Eindruck unmöglich macht. Das Kunstwerk soll den Zuschauer beherrschen: nicht der Zuschauer das Kunstwerk. Der Zuschauer soll empfänglich sein. Er soll die Violine sein, die der Meister spielt. Und je vollständiger er seine eigenen dummen Ansichten, seine eigenen törichten Vorurteile, seine eigenen absurden Ideen über das, was die Kunst sein und was sie nicht sein sollte, unterdrückt, desto wahrscheinlicher wird er das Kunstwerk zu verstehen und zu würdigen wissen. |
If a man approaches a work of art with any desire to exercise authority over it and the artist, he approaches it in such a spirit that he cannot receive any artistic impression from it at all. The work of art is to dominate the spectator: the spectator is not to dominate the work of art. The spectator is to be receptive. He is to be the violin on which the master is to play. And the more completely he can suppress his own silly views, his own foolish prejudices, his own absurd ideas of what Art should be, or should not be, the more likely he is to understand and appreciate the work of art in question. |
Das wird natürlich besonders deutlich, wenn man an das gewöhnliche englische Theaterpublikum denkt. Aber es gilt genauso für die sogenannten Gebildeten. Denn die Vorstellungen eines Gebildeten über Kunst leiten sich natürlich davon ab, was Kunst war, während das neue Kunstwerk dadurch schön ist, dass es ist, was die Kunst noch nie war; und es mit den Maßstäben der Vergangenheit zu messen heißt, ein Maß anwenden, von dessen Verwerfung seine wahre Vollendung abhängt. |
This is, of course, quite obvious in the case of the vulgar theatre-going public of English men and women. But it is equally true of what are called educated people. For an educated person's ideas of Art are drawn naturally from what Art has been, whereas the new work of art is beautiful by being what Art has never been; and to measure it by the standard of the past is to measure it by a standard on the rejection of which its real perfection depends. |
Nur ein Temperament, das durch seine Phantasie, in einem Zustand vertiefter Einbildungskraft, neue und schöne Eindrücke zu empfangen vermag, wird imstande sein, ein Kunstwerk zu würdigen. |
A temperament capable of receiving, through an imaginative medium, and under imaginative conditions, new and beautiful impressions, is the only temperament that can appreciate a work of art. |
Und so richtig sich dies in der Würdigung der Bildhauerei und der Malerei erweist, so gilt es erst recht für eine Kunst wie das Drama. Denn ein Bild oder eine Statue stehen nicht im Kampf mit der Zeit. Der Zeitablauf ist für sie ohne Belang. Ihre Einheit kann in einem einzigen Augenblick erfasst werden. Mit der Literatur verhält es sich anders. Ehe die Einheit der Wirkung wahrgenommen wird, muss Zeit vergehen. Und so kann im ersten Akt eines Dramas etwas vorfallen, dessen wirklicher künstlerischer Wert dem Zuschauer erst im dritten oder vierten Akt klar wird. Soll da der törichte Kerl wütend werden und laut schimpfen und das Spiel stören und die Künstler belästigen? |
And true as this is in a case of the appreciation of sculpture and painting, it is still more true of the appreciation of such arts as the drama. For a picture and a statue are not at war with Time. They take no account of its succession. In one moment their unity may be apprehended. In the case of literature it is different. Time must be traversed before the unity of effect is realised. And so, in the drama, there may occur in the first act of the play something whose real artistic value may not be evident to the spectator till the third or fourth act is reached. Is the silly fellow to get angry and call out, and disturb the play, and annoy the artists? |
Nein. Der Biedermann soll ruhig dasitzen und die köstlichen Empfindungen der Überraschung, der Neugier und der Spannung kennen lernen. Er soll nicht ins Theater gehen, um seine üble Laune abzureagieren. Er soll ins Theater gehen, um eine künstlerische Stimmung in sich zu erzeugen, um eine künstlerische Stimmung zu durchleben. Er ist nicht der Richter über das Kunstwerk. Es wird ihm gestattet, das Kunstwerk zu betrachten und, wenn es ein großes Kunstwerk ist, in seiner Betrachtung all die Überheblichkeit zu vergessen, die ihn zerstört - die Überheblichkeit seiner Unwissenheit, die Überheblichkeit seiner Bildung. |
No. The honest man is to sit quietly, and know the delightful emotions of wonder, curiosity, and suspense. He is not to go to the play to lose a vulgar temper. He is to go to the play to realise an artistic temperament. He is to go to the play to gain an artistic temperament. He is not the arbiter of the work of art. He is one who is admitted to contemplate the work of art, and, if the work be fine, to forget in its contemplation all the egotism that mars him -- the egotism of his ignorance, or the egotism of his information. |
Diese Eigenart des Dramas ist, wie ich glaube, noch kaum genügend erkannt worden. Wenn Macbeth zum erstenmal vor einem modernen Londoner Publikum aufgeführt würde, so könnte ich verstehen, dass viele der Anwesenden gegen das Auftreten der Hexen im ersten Akt mit ihren grotesken Redensarten und lächerlichen Worten heftig und entschieden protestieren würden. Aber wenn das Stück zu Ende ist, versteht man, dass das Gelächter im Macbeth ebenso schrecklich ist wie das Gelächter des Wahnsinns im Lear, noch schrecklicher als Jagos Gelächter in der Tragödie des Mohren. Kein Kunstbetrachter bedarf der empfänglichen Stimmung mehr als der Zuschauer eines Dramas. In dem Augenblick, wo er Autorität auszuüben versucht, wird er der ausgesprochene Feind der Kunst und seiner selbst. Die Kunst bleibt davon unberührt. Er ist es, der darunter leidet. |
The point about the drama is hardly, I think, sufficiently recognized. I can quite understand that were Macbeth produced for the first time before a modern London audience, many of the people present would strongly and vigorously object to the introduction of the witches in the first act, with their grotesque phrases and their ridiculous words. But when the play is over one realises that the laughter of the witches in Macbeth is as terrible as the laughter of madness in Lear, more terrible than the laughter of Iago in the tragedy of the Moor. No spectator of art needs a more perfect mood of receptivity than the spectator of a play. The moment he seeks to exercise authority he becomes the avowed enemy of Art, and of himself. Art does not mind. It is he who suffers. |
Mit dem Roman verhält es sich genauso. Die Autorität der Massen und das Anerkennen dieser Autorität ist verhängnisvoll. Thackerays Esmond ist ein herrliches Kunstwerk, weil er es zu seinem eigenen Vergnügen schrieb. In seinen anderen Romanen, in Pendennis, Philip und sogar in Jahrmarkt der Eitelkeit ist er sich bisweilen des Lesers allzu bewusst und verdirbt seine Schöpfung, indem er sich offen an die Sympathien des Publikums wendet oder sich offen darüber lustig macht. Ein echter Künstler kümmert sich nicht um das Publikum. Es existiert nicht für ihn. Er hat keine Mohn oder Honig gefüllten Kuchen, mit denen er das Ungeheuer einschläfert oder füttert. |
With the novel it is the same thing. Popular authority and the recognition of popular authority are fatal. Thackeray's Esmond is a beautiful work of art because he wrote it to please himself. In his other novels, in Pendennis, in Philip, in Vanity Fair even, at times, he is too conscious of the public, and spoils his work by appealing directly to the sympathies of the public, or by directly mocking at them. A true artist takes no notice whatever of the public. The public are to him non-existent. He has no poppied or honeyed cakes through which to give the monster sleep or sustenance. He leaves that to the popular novelist. |
Das überlässt er dem volkstümlichen Schriftsteller. Einen unvergleichlichen Romanschriftsteller haben wir heute in England, es ist George Meredith. Es gibt in Frankreich größere Künstler, aber Frankreich hat keinen, dessen Sicht vom Leben so weit gespannt, so vielfältig und in der Phantasie so wahr ist. In Russland gibt es Erzähler, die eine lebhaftere Empfindung für die Darstellung des Leidens besitzen. Aber seine Stärke ist das philosophische Element im Roman. Seine Figuren leben nicht nur, sie verstehen zu denken. Man kann sie von unzähligen Blickpunkten aus betrachten. Sie wirken suggestiv. Sie haben eine Seele und eine Aura um sich. |
One incomparable novelist we have now in England, Mr. George Meredith. There are better artists in France, but France has no one whose view of life is so large, so varied, so imaginatively true. There are tellers of stories in Russia who have a more vivid sense of what pain in fiction may be. But to him belongs philosophy in fiction. His people not merely live, but they live in thought. One can see them from myriad points of view. They are suggestive. There is soul in them and around them. |
Sie geben Aufschlüsse und sind gleichzeitig symbolisch. Und der, welcher sie geschaffen hat, jene wundervollen, beweglichen Gestalten, hat sie zu seiner eigenen Freude erschaffen und hat nie das Publikum nach seinen Wünschen gefragt, er hat sich nie darum gekümmert, hat dem Publikum niemals erlaubt, ihm Vorschriften zu machen oder ihn in irgendeiner Weise zu beeinflussen; vielmehr hat er seine eigene Persönlichkeit weiter vertieft und sein eigenes individuelles Werk hervorgebracht. Zuerst beachtete ihn niemand. Das war gleichgültig. Dann kamen die wenigen zu ihm. Das veränderte ihn nicht. jetzt ist die Menge gekommen. Er ist der gleiche geblieben. Er ist ein hervorragender Romanschriftsteller. |
They are interpretative and symbolic. And he who made them, those wonderful, quickly moving figures, made them for his own pleasure, and has never asked the public what they wanted, has never cared to know what they wanted, has never allowed the public to dictate to him or influence him in any way, but has gone on intensifying his own personality, and producing his own individual work. At first none came to him. That did not matter. Then the few came to him. That did not change him. The many have come now. He is still the same. He is an incomparable novelist. |
Mit den dekorativen Künsten verhält es sich nicht anders. Das Publikum klammerte sich mit wahrhaft pathetischer Zähigkeit an dem fest, was ich als die direkten Traditionen der großen Schaustellung der internationalen Gewöhnlichkeit betrachte, Traditionen, die so verheerend waren, dass die Häuser, in denen die Leute lebten, nur für Blinde bewohnbar waren. Da fing man an, schöne Dinge herzustellen, die Hand des Färbers lieferte schöne Farben, der Geist des Künstlers ersann schöne Muster, und der Gebrauch schöner Dinge, ihr Wert und ihre Wichtigkeit wurden aufgezeigt. |
With the decorative arts it is not different. The public clung with really pathetic tenacity to what I believe were the direct traditions of the Great Exhibition of international vulgarity, traditions that were so appalling that the houses in which people lived were only fit for blind people to live in. Beautiful things began to be made, beautiful colours came from the dyer's hand, beautiful patterns from the artist's brain, and the use of beautiful things and their value and importance were set forth. |
Das Publikum war sehr ungehalten darüber. Es verlor seine Laune. Es redete Unsinn. Keiner kümmerte sich darum. Niemand fühlte sich um ein Jota geringer. Niemand beugte sich der Macht der öffentlichen Meinung. Und jetzt ist es beinahe unmöglich, in ein modernes Haus zu treten, ohne wenigstens den Anklang eines guten Geschmacks zu entdecken, ein wenig Verständnis für den Wert einer hübschen Umgebung, einer Spur von Schönheit zu begegnen. Wirklich sind heutzutage die Wohnhäuser in der Regel ganz reizend. |
The public were really very indignant. They lost their temper. They said silly things. No one minded. No one was a whit the worse. No one accepted the authority of public opinion. And now it is almost impossible to enter any modern house without seeing some recognition of good taste, some recognition of the value of lovely surroundings, some sign of appreciation of beauty. In fact, people's houses are, as a rule, quite charming nowadays. |
Die Leute sind in sehr großem Maße kultiviert geworden. Allerdings muss man sich vor Augen halten, dass der außerordentliche Erfolg der Veränderung im Wohnungsdekor und der Möbeleinrichtung und was sonst noch dazu gehört, nicht der Mehrzahl des Publikums zuzuschreiben ist, das in diesen Dingen einen so erlesenen Geschmack entwickelt hätte. Er war vor allem dem Umstand zu verdanken, dass die Kunsthandwerker die Lust, schöne Dinge hervorzubringen, so hoch schätzten und die Hässlichkeit und Gewöhnlichkeit der bisherigen Wünsche des Publikums so deutlich empfanden, dass sie das Publikum einfach aushungerten. |
People have been to a very great extent civilised. It is only fair to state, however, that the extraordinary success of the revolution in house-decoration and furniture and the like has not really been due to the majority of the public developing a very fine taste in such matters. It has been chiefly due to the fact that the craftsmen of things so appreciated the pleasure of making what was beautiful, and woke to such a vivid consciousness of the hideousness and vulgarity of what the public had previously wanted, that they simply starved the public out. |
Es wäre gegenwärtig ganz unmöglich, einen Raum so auszustatten, wie man noch vor wenigen Jahren einen Raum auszustatten pflegte, |
It would be quite impossible at the present moment to furnish a room as rooms were furnished a few years ago, |
ohne jedes Stück in einer Auktion für Gebrauchtmöbel aus einer drittklassigen Pension zu erstehen. Diese Sachen werden nicht mehr hergestellt. |
without going for everything to an auction of second-hand furniture from some third-rate lodging-house. The things are no longer made. |
Wie sehr die Leute sich auch sträuben mögen, heutzutage müssen sie etwas Hübsches in ihrer Umgebung dulden. Zu ihrem Glück hat ihre Anmaßung der Autorität in diesen Kunstzweigen nichts auszurichten vermocht. |
However they may object to it, people must nowadays have something charming in their surroundings. Fortunately for them, their assumption of authority in these art-matters came to entire grief. |
Es ist offensichtlich, dass jede Autorität in diesen Dingen von Übel ist. Manchmal stellen die Leute die Frage, unter welcher Regierungsform ein Künstler am angemessensten lebe. Es gibt darauf nur eine Antwort. Für den Künstler gibt es nur eine passende Regierungsform, nämlich gar keine Regierung. Es ist lächerlich, über ihn und seine Kunst Autorität auszuüben. Man hat behauptet, dass Künstler unter der Herrschaft des Despotismus herrliche Werke hervorgebracht haben. Das verhält sich nicht ganz so. |
It is evident, then, that all authority in such things is bad. People sometimes inquire what form of government is most suitable for an artist to live under. To this question there is only one answer. The form of government that is most suitable to the artist is no government at all. Authority over him and his art is ridiculous. It has been stated that under despotisms artists have produced lovely work. This is not quite so. |
Die Künstler haben Despoten aufgesucht, aber nicht als Untertanen, um sich tyrannisieren zu lassen, sondern als wandernde Wundertäter, als vagabundierende, faszinierende Persönlichkeiten, um gastlich aufgenommen und umschmeichelt zu werden und um die Ruhe zu schöpferischem Werk zu gewinnen. |
Artists have visited despots, not as subjects to be tyrannised over, but as wandering wonder-makers, as fascinating vagrant personalities, to be entertained and charmed and suffered to be at peace, and allowed to create. |
Zugunsten des Despoten ist zu sagen, dass er als Individuum Kultur besitzen kann, während diese dem Pöbel, als einem wahren Ungeheuer, fehlt. Ein Kaiser und ein König werden sich vielleicht bücken, um einem Maler den Pinsel aufzuheben, wenn sich 'aber die Demokratie bückt, tut sie es vor allem, um mit Dreck zu werfen. Und doch braucht sich die Demokratie nicht so tief zu bücken wie der Kaiser. ja, wenn sie mit Dreck werfen will, braucht sie sich überhaupt nicht zu bücken. Doch ist es nicht notwendig, zwischen dem Monarchen und dem Pöbel zu unterscheiden; jede Autorität ist gleichermaßen ein Übel. |
There is this to be said in favour of the despot, that he, being an individual, may have culture, while the mob, being a monster, has none. One who is an Emperor and King may stoop down to pick up a brush for a painter, but when the democracy stoops down it is merely to throw mud. And yet the democracy have not so far to stoop as the emperor. In fact, when they want to throw mud they have not to stoop at all. But there is no necessity to separate the monarch from the mob; all authority is equally bad. |
Es gibt drei Arten von Despoten: den Despoten, der den Leib knechtet, den Despoten, der die Seele knechtet und den Despoten, der Leib und Seele gleichzeitig knechtet. Der erste ist der Fürst. Der zweite ist der Pabst. Der dritte ist das Volk. Der Fürst kann Kultur besitzen. Viele Fürsten besaßen Kultur. Doch vom Fürsten droht Gefahr. Man denke an die Kränkung Dantes auf dem Fest in Verona, an Tasso in der Tollhauszelle in Ferrara. Für den Künstler ist es besser, nicht in der Umgebung von Fürsten zu leben. |
There are three kinds of despots. There is the despot who tyrannises over the body. There is the despot who tyrannises over the soul. There is the despot who tyrannises over the soul and body alike. The first is called the Prince. The second is called the Pope. The third is called the People. The Prince may be cultivated. Many Princes have been. Yet in the Prince there is danger. One thinks of Dante at the bitter feast in Verona, of Tasso in Ferrara's madman's cell. It is better for the artist not to live with Princes. |
Der Papst mag Kultur haben. Viele Päpste besaßen Kultur, und zwar gerade die schlechten Päpste. Die schlechten Päpste liebten die Schönheit fast so leidenschaftlich, ja mit ebensoviel Leidenschaft, wie die guten Päpste den Geist hassten. Der Schwäche der Päpste verdankt die Menschheit vieles. Die guten Päpste haben an der Menschheit Schreckliches verschuldet. Doch wenn auch der Vatikan die Rhetorik seines Donnerns beibehalten und die Zuchtrute seiner Blitze verloren hat, ist es besser für den Künstler, nicht bei den Päpsten zu leben. |
The Pope may be cultivated. Many Popes have been; the bad Popes have been. The bad Popes loved Beauty, almost as passionately, nay, with as much passion as the good Popes hated Thought. To the wickedness of the Papacy humanity owes much. The goodness of the Papacy owes a terrible debt to humanity. Yet, though the Vatican has kept the rhetoric of its thunders, and lost the rod of its lightning, it is better for the artist not to live with Popes. |
Es gab einen Papst, der in einem Konklave der Kardinäle über Cellini sagte, dass die allgemeinen Gesetze und die über alle geübte Autorität nicht für seinesgleichen gälten; aber es war auch ein Papst, der Cellini ins Gefängnis warf |
It was a Pope who said of Cellini to a conclave of Cardinals that common laws and common authority were not made for men such as he; but it was a Pope who thrust Cellini into prison, |
und ihn dort so lange festhielt, bis er vor Zorn krank wurde und sich unwirkliche Vorstellungen schuf, die goldene Sonne in sein Zimmer kommen sah und sich so sehr in sie verliebte, dass er den Plan zur Flucht fasste und herauskroch von Turm zu Turm, und in der Dämmerung durch die schwindelerregende Luft fiel und sich verletzte; er wurde von einem Winzer mit Weinlaub bedeckt und in einem Karren zu jemandem gebracht, der ein Liebhaber schöner Dinge war und sich seiner annahm. |
and kept him there till he sickened with rage, and created unreal visions for himself, and saw the gilded sun enter his room, and grew so enamoured of it that he sought to escape, and crept out from tower to tower, and falling through dizzy air at dawn, maimed himself, and was by a vine-dresser covered with vine leaves, and carried in a cart to one who, loving beautiful things, had care of him. |
Von den Päpsten droht Gefahr. Und was das Volk betrifft, was soll man von ihm und seiner Autorität sagen? Vielleicht ist über das Volk und seine Autorität schon genug gesprochen worden. Die Autorität des Volkes ist etwas Blindes, Taubes, Hässliches, Groteskes, Tragisches, Amüsantes, Ernsthaftes und Obszönes. Es ist für den Künstler unmöglich, mit dem Volk zu leben. |
There is danger in Popes. And as for the People, what of them and their authority? Perhaps of them and their authority one has spoken enough. Their authority is a thing blind, deaf, hideous, grotesque, tragic, amusing, serious, and obscene. It is impossible for the artist to live with the People. |
Alle Despoten bestechen. Das Volk besticht und brutalisiert. Wer hat es gelehrt, Autorität zu üben? Es war geschaffen zu leben, zu lauschen und zu lieben. Jemand hat ihm einen großen Schaden zugefügt. Es hat sich selbst verdorben, indem es seine Oberen nachahmte. Es hat das Zepter des Fürsten an sich gerissen. Wie sollte es imstande sein, es zu gebrauchen? Es hat die dreifache Tiara des Papstes ergriffen. Wie sollte es ihre Last tragen? Es gleicht einem Clown mit einem gebrochenen Herzen. Es ist wie ein Priester, dessen Seele noch nicht geboren wurde. Wer die Schönheit liebt, mag das Volk bemitleiden. Obgleich es die Schönheit selbst nicht liebt, so mag es doch Mitleid mit sich selbst hegen. Wer hat das Volk die Niedertracht der Tyrannei gelehrt? |
All despots bribe. The People bribe and brutalise. Who told them to exercise authority? They were made to live, to listen, and to love. Some one has done them a great wrong. They have marred themselves by imitation of their superiors. They have taken the sceptre of the Prince. How should they use it? They have taken the triple tiara of the Pope. How should they carry its burden? They are as a clown whose heart is broken. They are as a priest whose soul is not yet born. Let all who love Beauty pity them. Though they themselves love not Beauty, yet let them pity themselves. Who taught them the trick of tyranny? |
Es gibt noch viele andere Dinge, auf die man hinweisen könnte. |
There are many other things that one might point out. |
Man sollte ausführen, wie die Renaissance zu ihrer Größe gelangte, weil sie nicht bestrebt war, soziale Probleme zu lösen; dass sie sich um Probleme dieser Art überhaupt nicht bekümmerte, sondern das Individuum in Freiheit und Schönheit und Natürlichkeit sich entfalten ließ und so große und individuelle Künstler und große, individuelle Menschen hervorbrachte. |
One might point out how the Renaissance was great, because it sought to solve no social problem, and busied itself not about such things, but suffered the individual to develop freely, beautifully, and naturally, and so had great and individual artists, and great and individual men. |
Man könnte deutlich machen, wie Ludwig XIV., indem er den modernen Staat schuf, den Individualismus des Künstlers zerstörte und den Dingen durch die Einförmigkeit ihrer Wiederholung etwas Monströses verlieh und sie herabwürdigte durch die zur Regel erhobene Gleichförmigkeit und in ganz Frankreich all jene edlen Freiheiten des Ausdrucks abtötete, die die Tradition in der Schönheit erneuert und neue Gebilde neben der antiken Form geschaffen hatten. Aber die Vergangenheit ist ohne Bedeutung. Die Gegenwart ist ohne Gewicht. Mit der Zukunft allein haben wir uns auseinander zusetzen. Denn die Vergangenheit ist, was der Mensch nicht hätte sein dürfen. Die Gegenwart ist, was der Mensch nicht sein sollte. Die Zukunft ist, was die Künstler sind. |
One might point out how Louis XIV., by creating the modern state, destroyed the individualism of the artist, and made things monstrous in their monotony of repetition, and contemptible in their conformity to rule, and destroyed throughout all France all those fine freedoms of expression that had made tradition new in beauty, and new modes one with antique form. But the past is of no importance. The present is of no importance. It is with the future that we have to deal. For the past is what man should not have been. The present is what man ought not to be. The future is what artists are. |
Es wird natürlich der Einwand erfolgen, dass ein solcher Entwurf, wie er hier dargelegt ist, unausführbar bleibt und der menschlichen Natur widerspricht. Das ist völlig richtig. Er ist unausführbar und widerspricht der menschlichen Natur. Und eben deshalb ist er es wert, verwirklicht zu werden, deshalb wird er vorgeschlagen. |
It will, of course, be said that such a scheme as is set forth here is quite unpractical, and goes against human nature. This is perfectly true. It is unpractical, and it goes against human nature. This is why it is worth carrying out, and that is why one proposes it. |
Denn was ist ein ausführbarer Entwurf.? Ein ausführbarer Entwurf ist entweder ein Entwurf, der bereits Gestalt angenommen hat, oder ein Entwurf, der unter den bestehenden Verhältnissen ausgeführt werden könnte. Aber gerade die bestehenden Verhältnisse sind es, die bekämpft werden; und jeder Entwurf, der sich den bestehenden Verhältnissen anpasst, ist falsch und töricht. Die Verhältnisse werden abgeschafft werden, und die Natur des Menschen wird sich verändern. Man weiß über die menschliche Natur nur das eine mit Sicherheit, dass sie sich verändert. Veränderlichkeit ist die einzige Eigenschaft, über die wir wirklich etwas vorauszusagen vermögen. Die Systeme, die scheitern, sind jene, die auf der Beständigkeit der menschlichen Natur aufbauen und nicht auf ihrem Wachstum und ihrer Entwicklung. |
For what is a practical scheme? A practical scheme is either a scheme that is already in existence, or a scheme that could be carried out under existing conditions. But it is exactly the existing conditions that one objects to; and any scheme that could accept these conditions is wrong and foolish. The conditions will be done away with, and human nature will change. The only thing that one really knows about human nature is that it changes. Change is the one quality we can predicate of it. The systems that fail are those that rely on the permanency of human nature, and not on its growth and development. |
Der Irrtum Ludwigs XIV. bestand darin, dass er dachte, die menschliche Natur bleibe stets die gleiche. Das Ergebnis seines Irrtums war die Französische Revolution. Es war ein erstaunliches Ergebnis. Alle Ergebnisse aus den Fehlern der Regierungen sind ganz erstaunlich. |
The error of Louis XIV. was that he thought human nature would always be the same. The result of his error was the French Revolution. It was an admirable result. All the results of the mistakes of governments are quite admirable. |
Es ist zu beachten, dass der Individualismus nicht mit irgendeinem widerlichen Gejammer über die Pflicht an den Menschen herantritt, was nichts anderes bedeutet, als dass man das tun soll, was die anderen wollen, weil sie es wollen; noch mit dem hässlichen Winseln der Selbstaufopferung, diesem Überbleibsel barbarischer Selbstverstümmelung. Der Individualismus tritt mit überhaupt keinen Forderungen an den Menschen heran. Er entsteht natürlich und unvermeidlich aus dem Menschen selbst. Zu diesem Ziel tendiert alle Entwicklung hin. Zu dieser Differenzierung reifen alle Organismen heran. Er ist die Vollendung, die jeder Lebensform inhärent ist und zu der sich jede Lebensform hin entwickelt. |
It is to be noted that Individualism does not come to the man with any sickly cant about duty, which merely means doing what other people want because they want it; or any hideous cant about self-sacrifice, which is merely a survival of savage mutilation. In fact, it does not come to a man with any claims upon him at all. It comes naturally and inevitably out of man. It is the point to which all development tends. It is the differentiation to which all organisms grow. It is the perfection that is inherent in every mode of life, and towards which every mode of life quickens. |
Und so übt der Individualismus keinen Zwang auf den Menschen aus. Im Gegenteil, er sagt dem Menschen, er solle keinen Zwang auf sich dulden. Er versucht nicht, die Menschen zu zwingen, gut zu sein. Er weiß, dass die Menschen gut sind, wenn man sie in Frieden lässt. Der Mensch wird den Individualismus aus sich selbst heraus entwickeln, und er entwickelt ihn jetzt auf diese Weise. Zu fragen, ob der Individualismus praktizierbar ist, gleicht der Frage, ob die Evolution praktizierbar ist. Evolution ist das Gesetz des Lebens, und es gibt keine andere Entwicklung als hin zum Individualismus. Wo sich diese Tendenz nicht ausdrückt, liegt immer künstlich aufgehaltenes Wachstum vor, Krankheit oder Tod. |
And so Individualism exercises no compulsion over man. On the contrary, it says to man that he should suffer no compulsion to be exercised over him. It does not try to force people to be good. It knows that people are good when they are let alone. Man will develop Individualism out of himself. Man is now so developing Individualism. To ask whether Individualism is practical is like asking whether Evolution is practical. Evolution is the law of life, and there is no evolution except towards individualism. Where this tendency is not expressed, it is a case of artificially arrested growth, or of disease, or of death. |
Der Individualismus wird auch selbstlos und aufrichtig sein. Es ist darauf hingewiesen worden, dass eine der Folgen der unerträglichen Tyrannei der Autorität sich darin zeige, dass die Worte in ihrer natürlichen und einfachen Bedeutung völlig entstellt wurden und dass man sie dazu missbrauchte, das Gegenteil ihres richtigen Sinnes auszudrücken. Was in der Kunst für wahr gilt, ist auch im Leben wahr. Ein Mensch, der sich nach seiner Neigung kleidet, wird jetzt gekünstelt genannt. Aber indem er es tut, handelt er auf völlig natürliche Weise. |
Individualism will also be unselfish and unaffected. It has been pointed out that one of the results of the extraordinary tyranny of authority is that words are absolutely distorted from their proper and simple meaning, and are used to express the obverse of their right signification. What is true about Art is true about Life. A man is called affected, nowadays if he dresses as he likes to dress. But in doing that he is acting in a perfectly natural manner. |
Die Künstlichkeit liegt in solchen Fällen darin, dass man sich nach dem Geschmack seiner Mitmenschen kleidet, der vermutlich, da er der Geschmack der Mehrzahl ist, sehr dumm sein wird. Oder man nennt einen Menschen egoistisch, wenn er sein Leben auf eine Art und Weise führt, die ihm angemessen erscheint, um seine Persönlichkeit ganz zu verwirklichen; vorausgesetzt, dass die Selbstverwirklichung das beherrschende Ziel seines Lebens ist. Aber jeder sollte in dieser Weise leben. Egoismus besteht nicht darin, dass man sein Leben nach seinen Wünschen lebt, sondern darin, dass man von anderen verlangt, dass sie so leben, wie man es wünscht. Und Selbstlosigkeit heißt, andere in Frieden lassen und sich nicht in ihre Angelegenheiten mischen. Der Egoismus ist immer bestrebt, um sich herum eine absolute Gleichheit des Typus zu schaffen. Die Selbstlosigkeit erkennt die unendliche Vielfalt des Typus als etwas Kostbares an, stimmt ihr zu, geht darauf ein, ja, erfreut sich daran. Es ist keineswegs egoistisch, an sich zu denken. |
Affectation, in such matters consists in dressing according to the views of one's neighbour, whose views, as they are the views of the majority, will probably be extremely stupid. Or a man is called selfish if he lives in the manner that seems to him most suitable for the full realisation of his own personality; if, in fact, the primary aim of his life is self-development. But this is the way in which every one should live. Selfishness is not living as one wishes to live, it is asking others to live as one wishes to live. And unselfishness is letting other people's lives alone, not interfering with them. Selfishness always aims at creating around it an absolute uniformity of type. Unselfishness recognises infinite variety of type as a delightful thing, accepts it, acquiesces in it, enjoys it. It is not selfish to think for oneself. |
Wer nicht an sich denkt, denkt überhaupt nicht. Es ist äußerst egoistisch, von dem Mitmenschen zu verlangen, dass er in derselben Weise denken, dieselben Meinungen haben soll. Warum sollte er das? Wenn er denken kann, wird er wahrscheinlich verschieden denken. Wenn er nicht denken kann, ist es lächerlich, überhaupt Gedanken irgendwelchen Art von ihm zu verlangen. |
A man who does not think for himself does not think at all. It is grossly selfish to require of one's neighbour that he should think in the same way, and hold the same opinions. Why should he? If he can think, he will probably think differently. If he cannot think, it is monstrous to require thought of any kind from him. |
Eine rote Rose ist nicht egoistisch, bloß weil sie eine rote Rose sein will. Sie wäre schrecklich egoistisch, wenn sie von allen anderen Blumen des Gartens verlangen wollte, dass sie nicht nur rot, sondern auch Rosen sein sollten. Unter dem Individualismus werden die Menschen ganz natürlich und vollkommen selbstlos sein, sie werden die Bedeutung der Worte kennen und sie in ihrem freien, schönen Leben anwenden. |
A red rose is not selfish because it wants to be a red rose. It would be horribly selfish if it wanted all the other flowers in the garden to be both red and roses. Under Individualism people will be quite natural and absolutely unselfish, and will know the meanings of the words, and realise them in their free, beautiful lives. |
Auch werden die Menschen keine Egoisten mehr sein, wie sie es jetzt sind. Denn derjenige ist ein Egoist, der Ansprüche an andere macht, und der Individualist wird gar nicht den Wunsch danach verspüren. Es wird ihm kein Vergnügen bereiten. Wenn der Mensch den Individualismus verwirklicht hat, wird er auch das Mitgefühl lebhaft empfinden und es frei und spontan üben. |
Nor will men be egotistic as they are now. For the egotist is he who makes claims upon others, and the Individualist will not desire to do that. It will not give him pleasure. When man has realised Individualism, he will also realise sympathy and exercise it freely and spontaneously. . |
Bis jetzt hat der Mensch das Mitgefühl noch kaum ausgebildet. Er hat vor allem Mitgefühl mit dem Schmerz, und diese Form des Mitgefühls ist keineswegs die höchste. Jedes Mitgefühl ist edel, aber Mitgefühl mit dem Leiden ist am wenigsten edel. |
Up to the present man has hardly cultivated sympathy at all. He has merely sympathy with pain, and sympathy with pain is not the highest form of sympathy. All sympathy is fine, but sympathy with suffering is the least fine mode. |
Es ist mit Selbstsucht vermischt. Es trägt den Keim des Ungesunden in sich. Es liegt eine gewisse Angst um unsere eigene Sicherheit darin. Wir fürchten, selbst in den gleichen Zustand wie der Aussätzige oder der Blinde zu geraten, und wir fürchten, dass dann niemand für uns sorgen würde. Es führt auch zu einer eigenen Begrenztheit. Man sollte mit der Unversehrtheit des Lebens empfinden, nicht bloß mit seinen Wunden und Gebrechen, sondern mit der Freude und Schönheit, der Kraft, der Gesundheit und der Freiheit des Lebens. |
It is tainted with egotism. It is apt to become morbid. There is in it a certain element of terror for our own safety. We become afraid that we ourselves might be as the leper or as the blind, and that no man would have care of us. It is curiously limiting, too. One should sympathise with the entirety of life, not with life's sores and maladies merely, but with life's joy and beauty and energy and health and freedom. |
Je weiter das Mitgefühl reicht, desto schwieriger wird es natürlich. Es verlangt größere Selbstlosigkeit. jedermann vermag für die Leiden eines Freundes Mitgefühl zu empfinden, aber es setzt ein sehr edles Wesen voraus es setzt in der Tat das Wesen eines echten Individualisten voraus -, an dem Erfolg eines Freundes teilzunehmen. |
The wider sympathy is, of course, the more difficult. It requires more unselfishness. Anybody can sympathise with the sufferings of a friend, but it requires a very fine nature -- it requires, in fact, the nature of a true Individualist -- to sympathise with a friend's success. |
In den modernen Konkurrenzzwang und dem Kampf um einen Platz ist solche Teilnahme natürlich selten, und sie wird auch durch das unsittliche Ideal der Gleichförmigkeit des Typus und durch die Anpassung an die Regel sehr unterdrückt, ein Ideal, dem man vielleicht vor allem in England verfallen ist. |
In the modern stress of competition and struggle for place, such sympathy is naturally rare, and is also very much stifled by the immoral ideal of uniformity of type and conformity to rule which is so prevalent everywhere, and is perhaps most obnoxious in England. |
Mitgefühl für den Schmerz wird es natürlich immer geben. Es ist einer der primären Instinkte des Menschen. Die Tiere, die individuell sind, die "höheren" Tiere sozusagen, teilen diese Empfindung mit uns. |
Svmpathy with pain there will, of course, always be. It is one of the first instincts of man. The animals which are individual, the higher animals, that is to say, share it with us. |
Aber man muss daran erinnern, dass zwar das Mitgefühl für die Freude die Summe der Lebensfreude in der Welt steigert, das Mitgefühl für den Schmerz dagegen keineswegs die Fülle des Leidens wirklich verringert. Es mag dem Menschen das Elend erleichtern, aber das Elend selbst bleibt. Das Mitgefühl mit dem Opfer der Schwindsucht heilt die Schwindsucht nicht, das ist die Aufgabe der Wissenschaft. Und wenn der Sozialismus das Problem der Armut und die Wissenschaft das Problem der Krankheit gelöst hat, dann wird der Spielraum der Sentimentalen verringert sein, und das Mitgefühl der Menschen wird weit, gesund und spontan sein. Der Mensch wird Freude empfinden in der Betrachtung des freudigen Lebens der anderen. |
But it must be remembered that while sympathy with joy intensifies the sum of joy in the world, sympathy with pain does not really diminish the amount of pain. It may make man better able to endure evil, but the evil remains. Sympathy with consumption does not cure consumption; that is what Science does. And when Socialism has solved the problem of poverty, and Science solved the problem of disease, the area of the sentimentalists will be lessened, and the sympathy of man will be large, healthy, and spontaneous. Man will have joy in the contemplation of the joyous life of others. |
Denn durch die Freude wird sich der Individualismus der Zukunft entfalten. Christus hat keinen Versuch gemacht, die Gesellschaft neu aufzubauen, und so ist es folgerichtig, dass der von ihm gepredigte Individualismus sich nur durch Leiden oder in der Einsamkeit verwirklichen lässt. |
For it is through joy that the Individualism of the future will develop itself. Christ made no attempt to reconstruct society, and consequently the Individualism that he preached to man could be realised only through pain or in solitude. |
Die Ideale, die wir Christus verdanken, sind die Ideale des Menschen, der sich von der Gesellschaft völlig abkehrt oder der ihr absoluten Widerstand entgegensetzt. Aber der Mensch ist von Natur aus gesellig. Selbst die Thebais wurde schließlich bevölkert. Und wenn auch der Mönch seine Persönlichkeit verwirklicht, ist es oft eine verarmte Persönlichkeit, die er so verwirklicht. Andererseits übt die furchtbare Wahrheit, dass das Leiden eine Möglichkeit zur Selbstverwirklichung ist, eine große Faszination auf die Menschen aus. Seichte Redner und seichte Denker schwätzen oft von den Tribünen und Kanzeln herab über die Genusssucht der Welt und jammern darüber. Aber es ist selten in der Weltgeschichte, dass Freude und Schönheit ihr Ideal gewesen sind. |
The Ideals that we owe to Christ are the ideals of the man who abandons society entirely, or of the man who resists society absolutely. But man is naturally social. Even the Thebaid became peopled at last. And though the cenobite realises his personality, it is often an impoverished personality that he so realises. Upon the other hand, the terrible truth that pain is a mode through which man may realise himself exercises a wonderful fascination over the world. Shallow speakers and shallow thinkers in pulpits and on platforms often talk about the world's worship of pleasure, and whine against it. But it is rarely in the world's history that its ideal has been one of joy and beauty. |
Die Anbetung des Leidens hat in der Welt weit öfter vorgeherrscht. Das Mittelalter mit seinen Heiligen und Märtyrern, mit seiner Vorliebe für die Selbstquälerei, seiner wilden Leidenschaft für die Selbstverwundung, mit seinen tief ins Fleisch schneidenden Messern und seinen Geißelungen - das Mittelalter ist das wirkliche Christentum, und der mittelalterliche Christus ist der wirkliche Christus. Als die Renaissance aufkam und die neuen Ideale von der Schönheit des Lebens und der Lebensfreude brachte, verstanden die Menschen Christus nicht mehr. Selbst die Kunst zeigt uns das. |
The worship of pain has far more often dominated the world. Medi?valism, with its saints and martyrs, its love of self-torture, its wild passion for wounding itself, its gashing with knives, and its whipping with rods -- Medi?valism is real Christianity, and the medi?val Christ is the real Christ. When the Renaissance dawned upon the world, and brought with it the new ideals of the beauty of life and the joy of living, men could not understand Christ. |
Die Maler der Renaissance stellten Christus als einen kleinenjungen dar, der mit einem anderen jungen in einem Palast oder in einem Garten spielt oder im Arm der Mutter liegt und ihr oder einer Blume oder einem glänzenden Vogel zulächelt; oder sie malten ihn als edle und erhabene Gestalt, die würdevoll durch die Welt schreitet; oder als eine wunderschöne Gestalt, die sich in einer Art Ekstase vom Tod zum Leben erhebt. Selbst wenn sie den gekreuzigten Christus darstellten, malten sie ihn als einen herrlichen Gott, über den die bösen Menschen Leiden verhängt haben. Aber er beschäftigte die Menschen nicht sehr. Was sie entzückte, war die Darstellung von Männern und Frauen, die sie bewunderten, und sie wollten die Schönheit dieser lieblichen Erde zeigen. |
Even Art shows us that. The painters of the Renaissance drew Christ as a little boy playing with another boy in a palace or a garden, or lying back in his mother's arms, smiling at her, or at a flower, or at a bright bird; or as a noble, stately figure moving nobly through the world; or as a wonderful figure rising in a sort of ecstasy from death to life. Even when they drew him crucified they drew him as a beautiful God on whom evil men had inflicted suffering. But he did not preoccupy them much. What delighted them was to paint the men and women whom they admired, and to show the loveliness of this lovely earth. |
Sie haben viele religiöse Bilder gemalt - in der Tat viel zu viele, und die Eintönigkeit des Typus und der Motive ist ermüdend; sie hat der Kunst geschadet. Sie war das Ergebnis der Autorität des Volkes in Sachen der Kunst und ist bedauerlich. Aber ihre Seele war nicht in dem Gegenstand. Raffael war ein großer Künstler, als er sein Bildnis des Papstes schuf Als Maler seiner Madonnen und Christusknaben ist er durchaus kein großer Künstler. |
They painted many religious pictures -- in fact, they painted far too many, and the monotony of type and motive is wearisome, and was bad for art. It was the result of the authority of the public in art-matters, and is to be deplored. But their soul was not in the subject. Raphael was a great artist when he painted his portrait of the Pope. When he painted his Madonnas and infant Christs, he was not a great artist at all. |
Christus hatte der Renaissance keine Botschaft zu bringen, der Renaissance, die so wundervoll war, weil sie ein Ideal hervorbrachte, das von dem seinen völlig abwich, und um den wirklichen Christus zu finden, müssen wir uns in die Kunst des Mittelalters vertiefen. Da erscheint er als der Verstümmelte und Gemarterte, einer, der nicht anmutig anzusehen ist, weil Schönheit Freude erzeugt, einer, der kein kostbares Gewand trägt, denn auch dieses könnte eine Freude sein: Er ist ein Bettler mit einer wundervollen Seele, er ist ein Aussätziger mit einer göttlichen Seele, er bedarf weder des Besitzes noch der Gesundheit, er ist ein Gott, der seine Vollkommenheit durch Leiden gewinnt. |
Christ had no message for the Renaissance, which was wonderful because it brought an ideal at variance with his, and to find the presentation of the real Christ we must go to medi?val art. There he is one maimed and marred; one who is not comely to look on, because Beauty is a joy; one who is not in fair raiment, because that may be a joy also: he is a beggar who has a marvellous soul; he is a leper whose soul is divine; he needs neither property nor health; he is a God realising his perfection through pain. |
Die Entwicklung des Menschen schreitet langsam voran. Die Ungerechtigkeit der Menschen ist groß. |
The evolution of man is slow. The injustice of men is great. |
Es war notwendig, das Leiden als eine Form der Selbstverwirklichung darzustellen. Selbst heute ist die Botschaft Christi an manchen Orten in der Welt notwendig. Keiner, der im modernen Russland lebt, könnte seine Vollkommenheit anders als durch das Leiden gewinnen. |
It was necessary that pain should be put forward as a mode of self-realisation. Even now, in some places in the world, the message of Christ is necessary. No one who lived in modern Russia could possibly realise his perfection except by pain. |
Einige wenige russische Künstler haben sich in der Kunst verwirklicht, im Roman, der mittelalterlich in der Haltung ist, weil sein vorherrschendes Merkmal die Verwirklichung des Menschen durch das Leiden ist. Aber für die, die keine Künstler sind und kein anderes Leben als das eigentlich tätige Leben kennen, ist das Leiden das einzige Tor zur Vollendung. Ein Russe, der unter dem bestehenden Regierungssystem in Russland fähig ist, glücklich zu leben, glaubt entweder, der Mensch besitzt keine Seele, oder die Seele sei der Entwicklung nicht wert. |
A few Russian artists have realised themselves in Art; in a fiction that is medi?val in character, because its dominant note is the realisation of men through suffering. But for those who are not artists, and to whom there is no mode of life but the actual life of fact, pain is the only door to perfection. A Russian who lives happily under the present system of government in Russia must either believe that man has no soul, or that, if he has, it is not worth developing. |
Ein Nihilist, der jede Autorität ablehnt, weil er die Autorität als Übel erkannt hat, und der alles Leiden willkommen heißt, weil er dadurch seine Persönlichkeit verwirklicht, ist ein echter Christ. Für ihn ist das christliche Ideal eine Wahrheit. |
A Nihilist who rejects all authority because he knows authority to be evil, and welcomes all pain, because through that he realises his personality, is a real Christian. To him the Christian ideal is a true thing. |
Und doch hat Christus nicht gegen die Autorität revoltiert. Er ließ die kaiserliche Autorität des römischen Imperiums gelten und zollte ihr Tribut. Er ertrug die ecklesiastische Autorität der jüdischen Kirche und wollte sich ihrer Gewaltsamkeit nicht durch eigene Gewalt widersetzen. Er hatte, wie ich bereits sagte, keinen Plan, die Gesellschaft neu aufzubauen. Aber die moderne Welt hat Pläne. Sie schlägt vor, die Armut und das daraus erwachsende Leiden zu beseitigen. |
And yet, Christ did not revolt against authority. He accepted the imperial authority of the Roman Empire and paid tribute. He endured the ecclesiastical authority of the Jewish Church, and would not repel its violence by any violence of his own. He had, as I said before, no scheme for the reconstruction of society. But the modern world has schemes. It proposes to do away with poverty and the suffering that it entails. It desires to get rid of pain, and the suffering that pain entails. |
Sie will sich vom Schmerz und den daraus fließenden Qualen befreien. Sie vertraut dem Sozialismus und der Wissenschaft als ihren Methoden. Ihr Ziel ist ein Individualismus, der sich durch Freude ausdrückt. Dieser Individualismus wird weiter, reicher, herrlicher als jede bisherige Form des Individualismus sein. Der Schmerz ist nicht die letzte Stufe der Vollendung. Er ist bloß ein vorläufiger Zustand und ein Protest. Er steht im Zusammenhang mit falschen, ungesunden, ungerechten Verhältnissen. Wenn die Schlechtigkeit, die Krankheit und die Ungerechtigkeit aus der Welt verschwunden sind, dann wird er keinen Platz mehr haben. Er hat ein großes Werk vollbracht, aber es ist fast beendet. Sein Wirkungskreis wird von Tag zu Tag geringer. |
It trusts to Socialism and to Science as its methods. What it aims at is an Individualism expressing itself through joy. This Individualism will be larger, fuller, lovelier than any Individualism has ever been. Pain is not the ultimate mode of perfection. It is merely provisional and a protest. It has reference to wrong, unhealthy, unjust surroundings. When the wrong, and the disease, and the injustice are removed, it will have no further place. It was a great work, but it is almost over. Its sphere lessens every day. |
Auch wird ihn niemand entbehren. Denn was der Mensch erstrebt hat, das ist in der Tat weder Schmerz noch Vergnügen, sondern einfach Leben. Der Mensch verlangt danach, intensiv, ganz und vollkommen zu leben. Wenn er das vermag, ohne auf andere Zwang auszuüben oder selbst Zwang zu erleiden und wenn ihn alle seine Arbeiten befriedigen, dann wird er geistig gesünder, stärker, zivilisierter und mehr er selbst sein. In der Freude drückt sich die Natur aus, ihr stimmt sie zu. Wenn der Mensch glücklich ist, lebt er im Einklang mit sich und seiner Umgebung. |
Nor will man miss it. For what man has sought for is, indeed, neither pain nor pleasure, but simply Life. Man has sought to live intensely, fully, perfectly. When he can do so without exercising restraint on others, or suffering it ever, and his activities are all pleasurable to him, he will be saner, healthier, more civilised, more himself. Pleasure is Nature's test, her sign of approval. When man is happy, he is in harmony with himself and his environment. |
Der neue Individualismus, in dessen Diensten der Sozialismus wirkt, ob er es wahrhaben will oder nicht, wird vollkommene Harmonie sein. Er wird die Erfüllung dessen sein, wonach sich die Griechen sehnten und was sie nur in Gedanken vollkommen zu verwirklichen vermochten, weil sie sich Sklaven hielten und sie ernährten; er wird die Erfüllung dessen sein, wonach sich die Renaissance sehnte, aber nur in der Kunst wahrhaft verwirklichen konnte, weil sie sich Sklaven hielt und sie verhungern ließ. Er wird vollkommen sein, und durch ihn wird jeder Mensch zu seiner Vollkommenheit gelangen. Der neue Individualismus ist der neue Hellenismus. |
The new Individualism, for whose service Socialism, whether it wills it or not, is working, will be perfect harmony. It will be what the Greeks sought for, but could not, except in Thought, realise completely, because they had slaves, and fed them; it will be what the Renaissance sought for, but could not realise completely except in Art, because they had slaves, and starved them. It will be complete, and through it each man will attain to his perfection. The new Individualism is the new Hellenism. |